… ist ein Remake – aber ein gelungenes! Erzählt wird im
Grunde die gleiche alte gute Geschichte wie im ersten Star-Wars-Film. Warum
auch nicht? Schließlich sind vierzig Jahre vergangen, die kleinen Jungs von
damals sind jetzt Eltern, und deren Kinder können dem Raunen des Alten am
Lagerfeuer nun die gleiche Faszination abgewinnen, vorausgesetzt, dass die
alten Geschichten in der Sprache ihrer Zeit erzählt werden. Ein Epos dieser
Tiefe kann natürlich nicht durch Inhaltsangaben erfasst werden (ist eh‘ immer
das gleiche), deshalb präsentiere ich Friendlys Fragenkatalog:
Verfall und Niedergang: Aus den Trümmern des Imperium kann man wenigstens noch ein paar Kondensatoren klauen |
Worum geht’s?
[Besserwissermode on] Um das manichäische ewige Ringen des Lichtes mit der
Finsternis und Luke Skywalker als der verborgene Parakletos, den es für die
Erlösung zu finden gilt. Nebenbei wird wieder ein Fascho-Todesstern vernichtet. [Besserwissermode off]
Wo ist der Praxisbezug?
Grundlegende Lehren des Filmes sind: 1) Vor dem Einleiten
des Giftgases den korrekten Sitz der Atemmasken kontrollieren, 2)
Tentakelmonster können ganz schön biestig sein, 3) Wenn Du als dunkler Lord
überforderst bist, steige lieber aus (anstatt durch übertriebene Gräueltaten immer
noch einen draufzusetzen)
Han Solo wie wir ihn kennen und lieben: irgendwie werde ich mich schon wieder herausreden |
Hat die ‚Neue Ordnung‘ eine Chance?
Nicht, solange die Panzerung der Sturmtruppler Geschosse auf
diese Weise anzieht. (Ja, ich weiß auch, das die im Film „Erste Ordnung“
genannt werden, aber das ist wahrscheinlich nur deshalb so, weil „New Order“
Merchandise-mäßig bereits vergeben war. ‚Neue Ordnung‘ klingt einfach Größenordnungen
besser!)
Spaß beiseite (Hihi…): Nachdem die dunkle Seite in Folge
sieben bereits den dritten Todessstern verloren hat (also ein Durchschnitt von einem
Stern pro zehn Jahren), ist das bei einer benötigten Menge von 833.000 Jahresproduktionsmengen
Roheisen [1] für einen einzelnen Todesstern der Kategorie 1 schon ein
erheblicher Verlust, selbst für Imperien dieser Größe. Ökonomisch scheint das
Niederschlagen von Rebellionen nicht so profitabel zu sein, wie es zunächst aussieht.
(Und da sind Kleinschäden durch übermotivierte, laserschwertschwingende „Dunkle
Lords“ noch nicht mit drin!)
Eine detaillierte Analyse dieser Frage steht noch aus,
allerdings scheint die Rebellion trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit a) besser
gerüstet, b) besser motiviert, c) deutlich legerer gekleidet und hat auch im
Ganzen weniger mit Atembeschwerden durch ungeeignete Schutzkleidung zu kämpfen.
Was macht die Liebe?
Nix. Schrotthändlerin und Nebenerwerbsheldin Rey verliert
ihren Fin (ich liebe Vornamen aus nur drei Buchstaben) direkt mal im Krieg
(wobei der Feigling eh‘ nicht allzu viel taugte. Immerhin hat er sie geliebt).
Luke ist Eremit, einzig Han Solo und Leia nähern sich nach Jahren der
Entfremdung („Du hast unseren Sohn Ben total verzogen!“ – „Was soll man vom
Sohn eines Gesetzlosen auch anderes erwarten!“) wieder etwas an.
Reichlich abgeklärt: Generalin Leia und Han haben den Verlust ihres Sohnes nicht verwunden |
Gab es technische Weiterentwicklungen?
Wenig. Nach mehrstündigem vor- und zurückspulen und detaillierter
Side-by-side-Analyse der Filmbilder von 1980 und 2015 hat der imperiale TÜV die
Bauartzulassung für die X-Wings in Film 7 noch so graaaaaade eben aufrecht erhalten.
Generell ist alles (und das gefällt mir sehr gut) älter, staubiger, schmutziger
geworden.
Welche großen Interpretationslinien kann ich am
Glühweinstand bemühen, ohne dumm dazustehen?
- Star Wars ist die
Geschichte einer kleinen Gruppe hochmotivierter und sich moralisch
überlegen fühlender Terroristen, die sich mit Selbstmordattentaten gegen
eine hochgerüstete und überlegene fremde Macht wehren.
- Im siebten Film taucht zum
ersten Mal überhaupt Blut auf (gut, früher wurde verstümmelt, verbrannt,
erschlagen, erschossen – aber es war kein Tropfen Blut zu sehen). Die Hand
eines sterbenden Kameraden markiert Fins weißen Sturmtruppen-Helm mit
einem roten Abdruck und hebt ihn damit aus der Menge der gesichtslosen
Krieger heraus und macht ihn eigentlich damit erst zum Menschen und
Subjekt. Nebenbei bemerkt: die Rote Hand verweist auf die weiße Hand der
Saruman-Orks. Erzähle mir keiner, dass das ein Zufall ist.
- „It runs in the family“:
Schrotthändlerin Rey ist also selbst ohne Ausbildung ähnlich mächtig (im
Sinne von „Fühle die Macht, Luke“) wie der übermotivierte „Böse Lord“ Ben.
Wie passt Rey in diese Familienaufstellung herein? Wessen Tochter ist sie
denn nun? Nachdem Prinzessin Leia sicher aufgefallen wäre, wenn sie auf
einem Wüstenplaneten eine kleine Tochter vergessen hätte, bleibt
eigentlich als Mutter nur die gute Padme, oder?
- Aufstieg und Fall der
Nationen: Die aktuelle Beobachtung, dass von den kurzen Perioden der
Weltkriege abgesehen alles immer besser wird (mehr Wohlstand, mehr Lebensqualität,
mehr Erkenntnis) ist gültig, wenn man nur einen kleinen Ausschnitt der
Geschichte beobachtet. In der Spätantike und im frühen Mittelalter gab es
durchaus lange (und wir reden über hunderte von Jahren) Perioden, in denen
alles den Bach runterging: Reduktion des Fernhandels, Aufgabe von Wassermühlen
und Ersatz durch Göpelwerke, Reduktion des Feldertrages, Verlust von
Kunstfertigkeiten und wissenschaftlicher Erkenntnis [2]. Deshalb liegen bei
Star Wars völlig realistischerweise halbausgeschlachtete Sternenzerstörer
herum und werden Teilchen für Teilchen gegen Instant-Schrippen getauscht.
Ich mag das!
- Frisuren sind bei Star Wars ein wichtiges Thema. Während die liebe Prinzessin (jetzt Generalin) Leia mit ihrem Tymoschenkow-Ährenkranz die Over-Ear-Schnecken aus dem ersten Film nur sachte variiert, wird mit dem Altsächsischen Kriegerkopf des bösen Ben eine völlig neue Ebene der Verunstaltung erreicht, die eigentlich nur Professor Snape als Vorläufer anführen kann. Prima!
So dumm schauen sie nur selten: generell ist die Schauspielkunst in Star Wars 7 nicht so schlecht, wie man es befürchten durfte. Eher besser als in den letzten sechs Filmen des Franchise. |
Friendlys Schulnote: Das ist alles gut, sogar sehr gut.
Wahrscheinlich ist SW7 das Beste, was man aus der Geschichte jetzt machen
konnte. Abrams geht respektvoll, aber unverbraucht an den Mythos heran. Er
macht nicht alles anders, aber er lässt sich von Übervater Lucas und seinem Mega-Plot
nichts vorschreiben.
Zu mäkeln habe ich nur ein Detail: Wer kann mir sagen, warum
der Besuch in der Oase so verschenkt worden ist? Wie aufwendig kann man das
Finden eines Lichtschwertes eigentlich inszenieren? Welche Funktion hat die
Oasenbesitzerin? Und warum wird sie als ‚gefährlich‘ angekündigt, ist dann aber
nur die nette Oma?
P.S.: Die Tentakelmonster konnten sogar vor dem strengen
Auge meiner Liebsten als „phantasievoll“ durchgehen!
P.P.S.: Meine Söhne fanden’s auch gut!
P.P.P.S.: Ich hätte noch gerne etwas über Leias Büstenhalter-Problematik geschrieben, habe aber keinen Vorwand gefunden.
P.P.P.P.S: Das Casting für diesen Film stelle ich mir sehr, sehr lustig vor: Wenn Abrams seine Getreuen ausschwärmen lässt, um die alten Darsteller wieder zu finden (vielleicht, heruntergekommen, vielleicht der Schauspielerei längst entwachsen, vielleicht Schafscherer in Neuseeland?) und zu überreden, noch einmal auf den alten Gaul "Star Wars" zu steigen ... Na gut, vielleicht hat die Gage doch etwas geholfen? (Ok, in Wirklichkeit waren die alten Schauspieler - Ford, Hamill, Fisher - noch aktiv und sogar recht erfolgreich...)
[1] …eines erdähnlichen Planeten. Aktuell liegt der jährliche
Stahl-Output weltweit bei 1,6 Milliarden Tonnen (Quelle: Wirtschaftsvereinigung
Stahl, Verband der Stahlindustrie in Deutschland, www.stahl-online.de)
[2] H.-J. Gilomen: „Wirtschaftsgeschichte des Mittelalter“, C.H. Beck, 2014
[3] Mani, (216-276 n. Chr.) Persischer Theologe und Begründer des Manichäismus: Erlösungsgeschehen wird durch das ewige Ringen zwischen Licht und Dunkelheit, Gut und Böse bestimmt (-> Gnosis)
[4] "verborgene Parakletos": aus der Welt (aus meist religiösen Gründen) zurückgezogener Sektengründer (wörtlich: Fürsprecher). Beispiele: Mohammed, Barbarossa
[2] H.-J. Gilomen: „Wirtschaftsgeschichte des Mittelalter“, C.H. Beck, 2014
[3] Mani, (216-276 n. Chr.) Persischer Theologe und Begründer des Manichäismus: Erlösungsgeschehen wird durch das ewige Ringen zwischen Licht und Dunkelheit, Gut und Böse bestimmt (-> Gnosis)
[4] "verborgene Parakletos": aus der Welt (aus meist religiösen Gründen) zurückgezogener Sektengründer (wörtlich: Fürsprecher). Beispiele: Mohammed, Barbarossa
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