Dienstag, 19. Mai 2015

Der Nanny

Ein Film voller kindlich-anarchischer Zerstörungslust, geschmiert mit ungebremstem Blödsinn. Mir ist völlig unverständlich, warum „Der Nanny“ überwiegend schlechte Kritiken hat – was erwarten die Leute? Tiefe Einsichten? Sozialkritik? Hallo? (wie meine Tochter sagen würde)
In der Folge wird dieser Immobilienhai nach Vollführen sexueller Dienstleistungen und durch einen übergroßen Oktopus auf dem Kopf getarnt ein Mietshaus demolieren. Wenn das keine Kapitalismuskritik ist, weiß ich es auch nicht.

Worum geht’s?


Immobilienentwickler Clemens ist fett im Geschäft, hat sich diesmal aber überhoben: mit dem Abbruch des Anglerviertels in Berlin betreibt er ein Geschäft, das unbedingt gelingen MUSS – sonst droht dem Herren der tausend Wohnungen und Schlossbesitzer Privatinsolvenz und Obdachlosigkeit.

Der Gute ist also im Stress – und das nicht nur geschäftlich: als alleinerziehende Vater zweier bis zum Anschlag rebellischer Kinder versucht er, Aufzucht und Hege seines Nachwuchses an eine Reihe von Kinderfrauen auszulagern, die aber regelmäßig von den lieben Kleinen vertrieben werden (großer Auftritt: Tochter Winnie als „Harold“-Variante mit appem' Arm im Blutsee auf Parkett).
Winnie ist sauer, sogar dauer-sauer. Das Geschwisterpaar kommt direkt aus der Hölle, ist aber nur Produkt der Verhältnisse. Wenigstens haben sie ein paar gute Filme gesehen.

Das kombiniert sich nun konstruktiv mit dem Rachefeldzug des Gelegenheitsbeschäftigten  Rolf (unvergesslich: Milan Peschel - er sieht im Film eigentlich immer so aus, als habe er sein Gebiss vergessen). Milan will Clemens eigentlich nur eine auf die Zwölf geben, wird aber kurzerhand als Kinderhüter eingestellt und sieht das als Chance, Clemens doch noch im Guten zu überzeugen, das Anglerviertel und Rolfs Wohnung stehen zu lassen.
Aus dem Zusammenleben von Winnie, Theo und Rolf entwickelt sich eine chaotische Reihe von häuslichen Katastrophen in deren Verlauf mehrere Autos, Kois und Landschaftsgärten sowie ein koreanisches Restaurant daran glauben müssen.

"Willkommen in der Hölle, Gollum!"

Erst als Clemens bei der Räumung des Viertels seine eigenen Kinder auf der anderen Seite der Barrikaden zusammen mit Mietern und Besetzern sieht, setzt er neue Prioritäten. Er zerreißt den Vertrag mit der Investorin und antwortet auf die Beleidigungen seiner Kinder durch Firmen-Partner August mit der einzigen angemessenen Antwort: der Faust. (Obwohl: der Fall Tuğçe Albayrak zeigt, dass man Gewalt wirklich, wirklich meiden sollte.  Nach allem, was man bis heute über das Geschehen weiß, hat der Täter der jungen Frau (was man eh nicht soll) eine Ohrfeige gegeben, die ist umgefallen und hat sich dabei tödlich verletzt. So’n Scheiß!)

Wie war’s?


Na eben lustig! Wenn ich eine durchschnittliche romantische Komödie von Till Schweiger mit einem Schweighöfer-Film vergleiche, fällt der Vergleich eindeutig zugunsten Schweighöfers aus: da ist einfach mehr Action drin, da geht einfach mehr kaputt. „Der Nanny“ ist ein wohlmeinender „Mad Rolf“ der rechts und links Sachschäden verursacht, aber dabei die Seelen der Menschen flickt.
Unvermeidlich in einer romantischen Komödie: der zunächst abgelehnte Sonderling wird schließlich von den Kindern mit dem Herz aus Gold doch als der brave Kerl erkannt, der er immer war. Trotzdem sieht es bei ihm im Hinterhof aus wie auf einer Müllkippe.

Dass im Film ein paar ziemlich deutliche Anleihen gemacht werden (die bereits erwähnte Szene aus Harold and Maude, die Hogwards-Remiszenz inklusive einer Mrs. McGonagall, Lebensmittel-Sex mit Fisch etc.) buche ich unter „Besser gut geklaut als schlecht selbst gemacht“ ab. Etwas störender war das Fiasko der kleinen Winnie auf der Fete der Großen – da hätte ich mir den gleichen anarchischen Unsinn gewünscht, der den Rest des Filmes so genießbar macht, bekommen habe ich aber nur ereignislose Vorhersehbarkeit.

Lobend erwähnen möchte ich a) dass die moralische Botschaft „Kümmere Dich um Deine Brut, und damit ist nicht nur Kohle gemeint“ unaufdringlich daherkommt und b) dass Milan Peschel ein ausgesprochener Glücksfall und ein glaubwürdiger Charakter ist: Seinem Rolf glückt nicht alles, aber auch nicht alles nicht, er hat Einblicke, aber keinen Überblick. Fast wie im richtigen Leben.

Friendlys Schulnote: eine ZWEI-PLUS, frei ab grade-gucken-können.

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