Donnerstag, 22. Januar 2015

Lucy

Scarlett Johansson in einer Superheldenrolle – das ist mein Film. Trotzdem musste ich fast ein halbes Jahr warten, bis ich „Lucy“ endlich sehen konnte. Meine Kinder hatten ihn gesehen, fanden ihn aber nicht gut genug für ein zweites Mal, meine Freundin war vom Trailer unterwältigt und weigerte sich, Lebenszeit auf einen Marvel-Film zu verschwenden. Aus dem Kino war der Film dann schon verschwunden, als Stream war die Qualität zu schlecht und auf iTunes konnte man ihn nur kaufen.. Tausend Umstände, die mir in die Quere kamen. Bis gestern.
Scarlett Johansson in Lucy
Hohlköpfchen Lucy (Scarlett Johanssonhat gute Vorsätze: sie will jetzt weniger feiern und mehr lernen. Bald werden sich ihr ganz andere Herausforderungen stellen

Wie war’s?


Tja. Es fängt schon mal damit an, dass der Film kein Ende hat. Drogenbedingt wächst die Leistungsfähigkeit von Lucys Gehirn, der Count zählt hoch und höher und dann – nichts. Sie verschwindet einfach. Was soll das denn für ein Höhepunkt sein? „Am Ende steht das Nirwana, die Vereinigung mit allem“ ist vielleicht intellektuell cool und spirituell in guter Tradition, aber was den Spannungsbogen angeht: ein echter Reinfall.
Die Droge lehrt auch korrekte Bedienung von halbautomatischen Pistolen. Wenn Ihnen jemand so auf dem Flur entgegenkommt, will sie hoffentlich zu jemand anderen.
Dabei hat der Film so hübsch angefangen: Die wirklich ganz reizende Scarlett wird von ihrem Party-Kumpel und Freund gelinkt, eine gefährliche Fracht zu einem gefährlichen Mann zu bringen. Ihm hilft das auch nicht viel – er überlebt nicht einmal die ersten zehn Filmminuten. 
Ich will mal hoffen, dass es sich hier nicht um ein Bauch-Double handelt. Ob das wirklich geht - ein Pfund Kristalle in einen Bauch einnähen? Oder drohen Sepsis, Multiorganversagen und Tod?
Scarlett wird nicht erschossen, ist aber grad zur Hand als der Inhalt aus dem Koffer kommt, weshalb man ihr auch gleich einen Sack Designerdroge in den Unterleib näht. Der Sack platzt und (Biss der radioaktiven Spinne… Superheldenfilm halt) Scarlett bekommt durch die Droge, die ihre Gehirnleistung steigert, Superkräfte. 


Ich war genau wie ihr, verletzbar, unsicher, hatte Angst vor dem Tod ... dann hat sich alles geändert.

Zunächst gewinnt sie die Fähigkeit, ihren eigenen Körper und Geist zu kontrollieren: Sie regeneriert Schusswunden, sie kann Sprachen durch bloßes Zuhören lernen, sie kämpft wie ein Ninja. Später gewinnt sie Kontrolle über die Körper anderer Menschen und über elektromagnetische Felder: Sie knipst bei zehn Mann mit einem Fingerschnipsen das Licht aus, sie bestimmt, was im Radio läuft und was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Noch später gewinnt sie Kontrolle über Raum und Zeit: die Welt ist Wachs in ihrer Hand. Nach einer weiteren Dosis Droge gibt sie ihre physische Präsenz auf und wird allgegenwärtig und allmächtig.
Noch lebt der Gefängniswärter. Da er den sexuellen Avancen der angeketteten Gefangenen folgen will, wird sich das gleich ändern
Was sie mit diesen Superkräften anstellt ist extrem unterhaltsam anzusehen, wenn auch ihre Handlungen im Detail seltsam unerklärt bleiben. Zwar arbeitet sie mit einem italienischen Drogenfahnder zusammen, um die anderen Drogenkuriere aufzuhalten – aber ihre Absichten zielen nicht direkt erkennbar auf Gerechtigkeit, sonst würde sie dem unschuldigen Opfer die Drogen nicht mit den bloßen Händen aus dem Bauch reißen.

Na, vielleicht ist sie auch einfach nur süchtig. Während des Fluges nach Europa zeigten sich nämlich bereits die Risiken und Nebenwirkungen ihrer hochkonzentrierten Drogenkur: ihr Körper begann, sich aufzulösen – ein Prozess, der durch noch mehr Droge zunächst aufgehalten werden kann.
Den "italienischen Drogenfahnder" spielt übrigens der Araber Amr Waked. 
Nach dem „Griff in den Unterleib“ des Drogenkuriers wird Scarlett erst mal eingebuchtet, kann aber  fliehen, indem sie (ganz Krieg-der-Sterne-mäßig übrigens *1) den Wachen ihre Freilassung suggeriert. Sie verabredet sich mit einem Forscher, dessen Theorie über das Potential des Gehirns zu Telekinese und Telepathie sie an sich bestätigt sieht. Den überredet sie, ihr auch den Rest der Droge als Lösung zu injizieren.
Die Zeiten sind vorbei, als Lucy noch mit ihrer Mitbewohnerin Caroline (Analeight Tipton, auch in Warm Bodies) feiern gehen konnte. Für Göttinnen gilt: "Mit großen Fähigkeiten kommt auch große Verantwortung"
Der anschließende Showdown mit dem Yakuza-Boss vom Anfang endet 1:0 für Scarlett, die alles niedermäht, was sich bewegt und in dem Moment, in dem der Endgegner ihr den Fangschuss geben will, einfach verschwindet. Irgendwie unbefriedigend, wie gesagt. Ob da noch ein Teil zwei kommen sollte? Aber was soll eine allmächtige, omnipräsente Gottheit für Abenteuer erleben?

Friendlys Schulnote: Eine Zwei. Ordentliche Bilder, exzellente Action, süße Hauptdarstellerin, Morgan Freeman (total unterfordert und deshalb schwach, solche Rollen spult der auch ohne Drehbuch ab) und ein wirklich überzeugender französischer Kommissar (Amr Waked). FSK-12, und das stimmt schon.

Rätselfrage: Ein Wissenschaftler gab gleich zwei wesentlichen Gedankenexperimenten seinen Namen, nämlich dem  –Test und der  –Maschine. Wie heißt der Wissenschaftler und in welchem Gebiet hat er geforscht?

Antwort der letzten Frage: Das ist die „Handsome Family“ mit dem Song „Far from any road“, der Titelmusik der Serie „True Detective“ (Übrigens eine ganz exzellente Serie. Mehr dazu später)

(*1: Obi-Wan Kanobi rettet Luke und sich selbst im Krieg der Sterne, Episode IV, durch den Checkpoint: mit einem lässigen Winken den Wachen suggeriert er:
"Das sind nicht die Droiden die ihr sucht.""Das sind nicht die Droiden die wir suchen.""Er kann passieren.""Er kann passieren.""Weiterfahren.""Weiterfahren, weiterfahren!")

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