Freitag, 10. Juli 2015

End of Watch

„Sag mal, fühlst du dich eigentlich als Held?“ fragt Officer Jake seinen Kollegen Michael. Gestern hatten sie drei Kinder aus einem brennenden Haus geholt, gekotzt, vorübergehend das Augenlicht verloren und ihnen war eine Tapferkeitsmedallie verliehen worden. „Nein. Wie sich das wohl anfühlen würde?“ antwortet der Partner. So bodenständig, vernünftig und grundgut sind die Cops den ganzen Film hindurch. Das ist gleichzeitig gut und schlecht. 

Die beiden haben gut Lachen: Ihre Frauen lieben sie, der Job macht Spaß und sie sind die Guten
„End of watch“ ist zum großen Teil mit der (vorgeblichen) Hand- und Schulterkamera gedreht worden. Der Found-Footage-Look, das Herumblödeln vor der Kamera und die Metaebene des „Filmst du mich? Mach das Ding aus!“ fügen sich aber nahtlos in Sequenzen in Kinoqualität ein – schwer zu sagen, wo das eine endet und das andere beginnt, zumal im Film auch ziemlich viel passiert.

Worum geht’s?


Jake und Michael sind, was Deeskalation angeht,  nicht grade Toto und Harry und das LA der 10er Jahre ist nicht das Ruhrgebiet, aber die beiden tun ihren Job nach Kräften. Sicher: Rassismus (Weißbrötchen gegen Mexikaner, Mexikaner gegen Schwarze, Schwarze gegen Fitschis) und Gewalt sind überall, auch bei den Bullen. 

Na gut - dann ist da noch sinnlose Aggression, Lebensgefahr, Irre Drogies mit Knarren aber ohne Hirn. Das ist Berufsrisiko.

Korrektheit im Verhalten ist schwer beizubehalten gegenüber Leuten, die ihre Kinder mit Klebeband in der Abstellkammer knebeln um einen ruhigen Nachmittag zu haben. Wenn man grade noch die Pistole wegschlagen kann, mit dem einen der Fahrer des angehaltenen Pickups ins Gesicht schießen wollte, neigt man zu Überreaktionen. Dafür, und nach den Maßstäben eines Amerikas, in dem die Schusswaffe in Bürgerhand nicht grade zur allgemeinen Befriedung beiträgt, machen die beiden es wirklich gut.

Der unscharfe Herr Rechts ist der schlaue Cop, der freundliche Kleine links ist der gute Cop: beides Helden

Und nicht nur im Beruf sind Jake und Michael Männer mit mehr Höhen als Tiefen. Dauerehe mit der Highschool-Freundin auf der einen, „was Ernsthaftes“ mit der Studentin auf der anderen Seite, das freut die Mama.

If you run away I will chase you. If you fight me I will fight back. If you shoot at me I will shoot back. By law I am unable to walk away.

Weniger freut die Freundin, dass der Job doch wirklich manchmal sehr, sehr gefährlich ist. Die beiden Superpolizisten retten drei Kinder vor den Flammen, und dafür bekommen sie zuhause noch Vorwürfe: „Leben leichtfertig aufs Spiel setzen, habe fremde Kinder wohl lieber als das eigene“ – so ein Quatsch!

Das ist nun wirklich unschön. Der Officer lebt, wird aber wohl keine Karriere mehr im Außendienst machen. Der riesenhafte Täter prügelt etwas weiter hinten noch rhythmisch auf das Gesicht der Polizei-Praktikantin ein, die heute ihren ersten Tag hatte. 
Was die beiden erleben, wird im Grunde so eins nach dem anderen dahinerzählt (und deshalb erinnert mich der Film auch etwas an „The hurt locker“). Jede der Episoden ist unterhaltsam, interessant, spannend und brachte mir die beiden Polizisten nahe. Gleichzeitig und dagegen laufen andere Handlungsstränge, die das Geschehen in einem Mordanschlag auf die Polizisten kulminieren lassen. Sogar die Iden des März bemüht Regisseur Ayer (übrigens auch von ihm: Fury), wenn Michael vom delinquenten Tre vor einer Falle durch die Latino-Gang gewarnt wird – sehr süß, aber vielleicht doch eine etwas bemühter Beweis klassischer Bildung.

Wie war's?


Jake Gyllenhaal (Brokeback Mountain, Nightcrawler, Everest) ist mal wieder in Hochform. Dieser Mund, der alle Nuancen zwischen zuckersüß bis schmierig-irre nur durch das Heben der Mundwinkel darstellen kann! Die Augen, die den treuen Basset-Blick nie verlieren! Der Mann hat Schlag bei den Frauen!

Die zwei mögen sich sehr: Jake und Anna haben Spaß.
Außerdem lobend zu erwähnen: Anna Kendrick (die Jessica Stanley aus der ekligen Mädchen-Vampir-Schmonzette „Biss zum…“). Sie spielt als Jakes Freundin das All-American-Girlfriend hier so attraktiv, man möchte nochmal zwanzig sein. Übrigens ist „Pitch-Perfect“ mit ihr in der Hauptrolle auch ein guter Jugendfilm!


Friendlys Schulnote: Eine ZWEI. Das war alles sehr spannend, die Helden sind sympathisch, Jake ist wie immer großartig. Allerdings fehlte mir ein bisschen die Dringlichkeit in der Handlung – und die beiden Helden sind unter den gegebenen Umständen einfach zuuuu gut. FSK-16, ich empfehle den Film ausnahmsweise wirklich erst ab 16 wegen der abgetrennten Leichenteile und vermoderten Köpfe im Mexikanischen Gang-Unterschlupf.

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