Als positiver Nebeneffekt hat der Film mich schon einmal
davon abgehalten, nach dem Sport noch eben die Nudeln von vorgestern zu
verspeisen – möglicherweise mit positiven Auswirkungen auf meine Gesundheit,
mindestens aber auf meine sportliche Leistung (na, welchen Sport betreibe ich
da so altersunangemessen übermotiviert? Wer richtig tippt, bekommt mein Rezept
für Nudeln mit Zitronenhuhn…)
Und ich weiß natürlich, dass dieser Beginn auch schon wieder
ein Beispiel für ignorantes Nicht-Verstehen und Verharmlosung der Problematik
Anorexia Nervosa ist, aber scheiß drauf was soll’s.
Sicher sieht sie gut aus, solange der Körper weitgehend bedeckt ist. Ist das zu wenig Abschreckung? Zu viel Attraktivität? Am Ende ist mal wieder jeder selbst für sich verantwortlich. |
In „To the Bone“ geht es um Magersucht. Heldin Eli ist
künstlerisch begabt und lebt in einer wirklich wilde Patchwork-Familie: soweit
ich es verfolgen konnte sind das a) eine genetische Mutter, b) deren Frau (Ehe
für alle! Juhu!), plus c) die (logorrhoesche) zweite Frau ihres Vaters und c) die
liebevolle kleine Stiefschwester, die genervt ist, dass sich alles um die Große
dreht. Der d) Vater lässt sich (running Gag des Films) IMMER im letzten Moment
telefonisch entschuldigen wenn es um das Leben seiner Tochter geht –
wahrscheinlich geht ihm das einfach zu nahe, schnief....
„Da sind ziemlich viele Mütter hier im Raum“
Der Film erzählt in ruhigen Einstellungen, alle Darsteller
sind anmutig und sympathisch, die Heldin ist so außergewöhnlich begabt, wie man
es selbst vielleicht gern wäre, sogar für die verwirrten (Mütter) und
(abwesenden) Väter wird um Verständnis geworben. Deshalb operiert „To the Bone“
immer an der Kante zum „Pro-Ana“-Film, einer Bewegung, die Magersucht als
wünschenswertes oder zumindest gleichwertiges Verhalten darstellt. Hauptdarstellerin
Lily Colins (ja, die Tochter von Phil Colins) spielt intensiv und glaubwürdig.
Sie ist auch der Sicherheitsgurt des Films: selbst mit einer Magersucht-Vergangenheit
sagt sie zur Verherrlicht-der-Film-die-Magersucht-Kontroverse: „This was
something I needed to talk about and bring to the attention of more people […]
It is still considered quite taboo to talk about…“. Naja, für mich ist das allein
noch keine schlüssige Argumentation, aber es kann nicht jede Schauspielerin Jodie Foster oder Emma Watson sein.
Die Stärke des Films ist in meinen Augen, dass er dem
Phänomen sein Rätsel lässt. Eli antwortet vor dem Ganzkörperspiegel auf die
Frage ihrer Mutter „Findest Du das eigentlich schön“ schlicht mit „Nein“. Ohne
Erklärung und ohne Ausflüchte. Ein Rätsel, wie gesagt.
Fazit: Ein edukativ wertvoller und zugleich unterhaltsamer
Film, der den Empfindsamen unter uns die Augen schon mal etwas feucht werden
lassen kann. Für mich eine glatte ZWEI
P.S.: Bin runter auf 72 kg! Und ein Freund hat vor einer
Woche angemerkt „dass ich ja wohl auch ziemlich viel Krafttraining machte“ – das
freut den Waschbär!
P.P.S.: Natürlich reine Männerdiskriminierung und auch ein übles
Klischee, dieser Vater, der zuverlässig anruft, um zu sagen, dass er zur
Familientherapiesitzung jetzt doch nicht kommt. Aber lustig!
P.P.P.S.: Ja, ich weiß, was Anexoria Athletica bedeutet.
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