Ich habe noch nie einen so unspektakulären und zugleich so
überzeugenden Film gesehen. Ihr wisst, dass ich ein Freund von
Verfolgungsjagden, Raumschlachten und Action jeder Art bin (muss unbedingt
meine Rezension von „Bloodsport“ fertigschreiben). Trotzdem hat mich „Aus der
Mitte entspringt ein Fluss“ von der ersten Minute an überzeugt.
Wer möchte nicht mit dem jungen Brad Pitt befreundet sein? Lügner! |
Wie war’s?
Intensiv. Und das trotz schwieriger Umstände: Ich hatte mich
erst mal eine Weile damit herumgeärgert, den Film von einer Streaming-Plattform
zu laden, hatte gefühlte zwanzig Chat-Angebote von „GeileMutti24“ (mit Bildern
– kann man seine Kinder überhaupt nicht mehr an den Rechner lassen?)
weggeklickt um endlich eine verdächtig unstabile Version des Films auf dem
Bildschirm zu sehen.
(An die geschätzten Kollegen der Nordrhein-Westfälischen
Strafverfolgungsbehörden: ich habe ernsthaft versucht, den Film legal
auszuleihen. Gab‘s aber nicht auf iTunes. Ist der jetzt ab 18 oder was?)
Der Film erzählt eine Familiengeschichte in Montana.
Wunderschöne Gegend, die ganze Familie betreibt einen optisch ansprechenden
Sport des Fliegenfischens (wusste vor dem Film auch nicht, was die Leute daran
finden, aber das Auswerfen der Schnur ist ästhetisch ausgesprochen
befriedigend).
Das Setting der 10er Jahre: Der Prediger-Vater ist insofern
progressiv als er seine beiden Söhne nicht schlägt – und insofern konservativ,
dass er sie zuhause unterrichtet, und zwar nur im Lesen und Schreiben. Da
reicht es dann nur zu Berufen als Literaturdozent (älterer Bruder Norman) und
Journalist (jüngerer Bruder Paul, gespielt von Brad Pitt). Hoffentlich können
sie wenigstens ihren Lohn zählen.
Die Leben der Brüder laufen auseinander: Norman studiert, Paul
wird Reporter. Norman wird Dozent, Paul beginnt zu trinken und zu pokern. Die
goldenen 20er bringen den Charleston und die Speakeasy-Kneipen auch nach
Montana (und sogar Mädchen aus Kalifornien). Norman verlobt sich, Paul geht mit
den wilden Mädchen aus.
Norman verlobt sich mit seiner kalifornischen Schönheit. Der Film endet hier, aber dass das nicht gut gehen wird, sieht ein Blinder mit dem Krückstock. |
Norman versucht zögerlich seinem Bruder zu helfen, redet ihm
ins Gewissen und bietet ihm Geld an – aber Paul ist zu stolz, sogar zu stolz,
überhaupt zuzugeben, dass er ein Problem hat.
„Es sind Schulden, aber es sind meine Schulden. Verstehst Du: es sind meine Schulden“
Der letzte gemeinsame Ausflug zum Fischen steht unter keinem
guten Omen: Paul kommt zu spät, (und das ist das einzige, was man in Montana
nicht tun darf: sich zum Angeln verspäten). Der Vater fischt nicht mehr,
sondern sieht lieber seinen Söhnen zu und liest in der Bibel. Am nächsten
Morgen ist Paul tot, mit einem Revolvergriff vor der Pokerspelunke zu Tode
geprügelt.
Wie war’s?
Ruhig. Und gut. Und ich habe ein romantisches Angebot von
meiner Freundin bekommen: sie möchte sich mit mir beide Kill-Bill-Filme
hintereinander ansehen. Wie nett! Zum Film: Es beruhigt schon beim Zusehen,
wenn Paul und Norman ihre Köder in weiten Schwüngen über den Black Foot River fliegen
lassen. Die Darstellung der drei Zeitebenen (als Kind, als Jugendlicher, als
junger Erwachsener) wirkt auf mich wie drei Dioramen, die einen faszinierenden
Einblick in das ländliche Amerika (hier ausnahmsweise im guten Sinne des Wortes)
geben.
Nicht zu vergessen: der jugendliche, auf wirklich unnachahmliche
Weise sympathisch grinsende Brad Pitt hat hier einen Auftritt, der sogar mit
der beeindruckenden Landschaft Montanas konkurriert. (Das Brad in diesem Film
mit bloßem Oberkörper zu sehen sei ist übrigens ein Gerücht. Er hat immer noch
ein A-Shirt an.)
Friendlys Schulnote: Eine ZWEI-PLUS, FSK-12, ich empfehle
den Film auch ab 12 Jahren. Tendenziell empfinden Kinder den Film aber als ‚alt‘ und
unlustig.
Rätselfrage: Ein Country-Duo singt die Titelmusik einer aktuellen
Serie. Wie heißt der Song?
Antwort der letzten Frage: „Jesus? Ist für mich gestorben“
kommt im Buch „Das Känguru-Manifest vor. (Nicht grade ein Geheimtipp – ist auf
der Spiegel-Bestsellerliste).
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