Freitag, 1. Mai 2015

American Sniper

Clint Eastwood ist ein echter Autonomer. Ihn kümmert es so auffällig nicht mehr, was die anderen vielleicht von ihm denken mögen, dass es fast weh tut. Bestes Beispiel "American Sniper". Was ist das denn für ein Film? Was ist die Botschaft? Warum das alles?

Die Right-Wing-Conservatives sehen im Film ein patriotisches Meisterwerk und schnipsen sich stolz ein Staubkorn von der gelben Schleife, die Liberals versteht alles als tiefgründigen Anti-Kriegsfilm, der obendrein das Veteranenproblem neu beleuchtet. Die Gun-Nuts in der Verwandtschaft finden die Action stark, der eine oder andere Romantikerin wird das "Stand by your man"-hafte von Thekenschlampe Taya (na gut, das ist jetzt ungerecht) eine Träne die Wange heruntertreiben (allerdings nicht bei meiner Freundin) - der Film ist definitiv auslegbar wie ein Khal-Mohammadi-Teppich.
"Sie bewegt die Arme nicht, ich glaube, sie trägt etwas" - in der Tat handelt es sich um eine russische Stielgranate. Beide werden von Kyle erschossen. Welche Gemütslage lässt eine junge Mutter zur Granate greifen?
Vielleicht hat Clint auch einfach gesagt: "Scheiß drauf, ich verfilme das Leben dieses Scharfschützen, und welche Botschaft da drin steckt, ist mir egal". Schließlich sprechen wir von einem Mann, der sich für privaten Waffenbesitz, aber gegen die amerikanischen Angriffskriege in Afghanistan und im Irak ausgesprochen hat - der gegen Ausländerfeindlichkeit und Homophobie, aber auch gegen eine allgemeine Krankenversicherung ist. Der Mann ist ein Rätsel, aber in seiner Entschlossenheit auch irgendwie beeindruckend.
Super - hat man einmal Netz nach Hause, da gerät man in einen Hinterhalt. Das beruhigt die Nerven der Daheimgebliebenen nicht grade...


Worum geht's im Film?


Jetzt habe ich schon fast alle Buchstaben für die Vorrede aufgebraucht - macht nichts, der Film ist schnell erzählt. Texaner Kyle arbeitet als Cowboy und Rodeo-Reiter und meldet sich nach den Anschlägen von Nairobi (mit 30 Jahren!) freiwillig zu den Seals. Er wird Scharfschütze, dessen Aufgabe es ist, vom Dach herab die Trupps, die in Falludscha Haus um Haus kontrollieren, zu beschützen. Er hat spektakuläre Erfolge und wird vor eine Reihe von moralischen Dilemmata gestellt, unter anderem erschießt er ein Kind, eine junge Frau, einen freundlichen Gastgeber.

Zurück in der Heimat kommt er schlecht mit dem Leben ohne Lebensgefahr klar, die Ehe mit seiner Frau steht auf der Kippe. Kyle findet eine neue Aufgabe in der Betreuung von Veteranen mit ähnlichen und schwereren Schäden und Störungen. Von einem dieser Veteranen wird er auf dem Schießstand umgelegt. Amerika trauert und Fahnen eskortieren den Leichenwagen.
... und wenn nach der Heimkehr der Krieg nicht ruck-zuck vergessen ist, dann kommen die Tränen


Wie war's?


So mittel. Da wurde einfach gefilmt, was passiert ist und erfreulicherweise ist das ja auch alles recht traurig und problematisch. Andererseits ist das natürlich ein (Gedanke von meiner Freundin geklaut) sehr amerikanisches Problem. Warum sind wir Soldaten in Afghanistan und im Irak? Das ist weiterhin sehr schwer zu verstehen, und wenn man etwas nicht versteht, muss man sich eben etwas vormachen wie Kyle es tut: Er beschützt die Soldaten von seinem Dach, die im Irak einen Krieg kämpfen, den Bush junior angefangen hat - und zwar ohne Grund.

(Das mit dem Problem gilt übrigens nicht für die 69% der US-Bürger, die glauben, dass Saddam etwas mit den 9/11-Anschlägen zu tun hat - die haben ja ihren Kriegsgrund. In Wirklichkeit war Saddam ein Verbrecher erster Güte, aber mit den Anschlägen hatte er nichts zu tun. Ach ja: Massenvernichtungswaffen sind im Irak auch nicht gefunden worden)

Für uns Europäer ist die Sache ja seit jeher eher unklar: wenn ich es richtig verstanden habe, lassen wir erst die Amis kämpfen, dann kommen wir aus schlechtem Gewissen zum Brunnen bohren und Mädchenschulen bauen - die wir dann aber auch mit Gewehren und mit Amerikanischen Luftangriffen beschützen müssen, weil die Afghanen und Iraker und Syrer sich nicht so gerne fremdbestimmen lassen. Also ehrlich - mir gefällt die ganze Richtung IS-Taliban-Al-Qaida nicht (Schweinepriester allesamt) aber dass sie die fremden Besatzungssoldaten aus dem Land haben wollen, bevor sie irgendetwas anderes machen, das hat meinen ganzen Respekt.
Da hat er ja noch mal Glück gehabt - er kommt in einem Stück nach Hause. Etwas von der Seele des Soldaten blieb zurück.
Zurück zum Film: Also ein amerikanisches Problem. Kein Anti-Kriegsfilm. Auch kein Kriegsfilm. Dafür aber eine Menge verpasster Chancen. Was hätte Eastwood aus dem Konflikt zwischen Kyle und Mustafa, dem irakischen Scharfschützen und Olympiazweiten machen können! Eastwood aber erzählt einfach so vor sich hin. Ein bisschen erinnert mich das an "The Hurt Locker" von Kathryn Bigelow, wo die Geschichte noch weniger Bogen, dafür aber noch mehr Spannung hat.

Zu empfehlen ist der Film eigentlich nur demjenigen, der die Kontroverse darüber verfolgt hat und sich jetzt sein eigenes Urteil bilden will, deshalb Friendlys Schulnote: eine DREI

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