Donnerstag, 22. Oktober 2015

Beasts of no Nation

Das ist also der Film, der der Anfang vom Ende des Kinos als solches sein soll: der erste Film, der gleichzeitig auf Netflix  und in amerikanischen Kinos veröffentlicht wurde – für mich ein ganz logischer Schritt: sollen die Kunden doch selbst entscheiden, ob sie den Film auf der großen Leinwand oder mit Puschen und Füßen hoch genießen wollen, oder? 

Wenn man es recht bedenkt, ist das bisherige Schema von „erst Kino, dann Kauf-DVD, dann leihen und ganz am Schluss im Stream“ schon eine ganz schön arrogante Bevormundung.

"Diese kleinen Kinder sind eine Waffe, eine tödliche Waffe. Gib ihnen nur ein Gewehr"

Zurück zum Film: In einem nicht näher genannten afrikanischen Staat wird der junge Ago von einer Miliz gefangen genommen. Mit Drohungen, Einschüchterungen und durch den Zwang zu Gräueltaten entfremdet sein „Kommandant“ ihn und seine Mitkämpfer von der zivilen Welt. Positive Aspekte des Soldatenlebens sind a) Drogen (Mischungen aus Schießpulver und Kokain, das man sich in die Nase zieht, b) Amulette, die Unverwundbarkeit bringen sollen (funktionieren offensichtlich nicht für alle), c) dass es den anderen auch nicht besser geht. Auf der anderen Seite: ständige Lebensgefahr, Hunger, sexueller Missbrauch durch den Anführer und weder Vater noch Mutter, die das verängstigte Kind trösten können.

Der Film folgt (und das hat besonders meiner Liebsten gefallen) der gängigen Hollywood-Dramaturgie überhaupt nicht – das Ende kommt nicht als letzter Seufzer in den Armen der Mutter, sondern als Zerfall der Miliz: der Commandante muss seinen Aufstand gegen den Big Boss mit Goldschürfen zu finanzieren, findet aber nix. Die Jungs haben nicht zu beißen und hauen ab. Und Schluss.

Wie war’s?


Schon sehr gut. Auch gruselig und beunruhigend: Der Commandante ist wirklich ein charismatischer Typ, der sich sogar väterlich um seine Jungs kümmert, damit sie dann auch brav für ihn ins Maschinengewehrfeuer laufen. Irgendwie irre, nicht?

Bemerkenswert (und ganz un-hollywoodesk) ist, dass der Film keine herausragende Frauenfigur hat. Im Ganzen kommen eigentlich nur drei Frauen überhaupt vor: Agos Mutter, im Puff das kleine Mädchen (in Agos Alter) und die Lehrerin in der Schlussszene. Erinnert in seiner konsequenten Beschränkung auf männliche Charaktere irgendwie an „Der Herr der Ringe“ (Buch, nicht Film)

Wer sich auf den Commandante verlässt, ist verlassen. Wenigstens ist er kein Psychopath. Er macht das, was er am besten kann, um reich zu werden: Kämpfen (und andere für sich kämpfen lassen) 
Einen Teil der Faszination schöpft „Beast of no Nation“ aus dem schnellen Wechsel von gedehnten, dokumentarischen Szenen, die von Tempo und Gestus einem Kika-Film entstammen könnten, auf ultrabrutaler, lakonischer Härte. Mir scheint der Film nicht nur wegen der Vermarktungsstrategie etwas neues, sondern auch als Film selbst. Das letzte Mal hatte ich dieses Gefühl bei „Zero Dark Thirty“, dem Meisterwerk von Kathryn Bigelow. „Beasts“ ist kein Meisterwerk, aber es ist revolutionär.

Friendlys Schulnote: Eine ZWEI-PLUS. Ich empfehle den Film nicht unter 16 Jahren. Immerhin müssen zwei 12-jährige einem hilflosen Gefangenen mit Macheten in den Kopf hacken. Also ich finde so etwas gruselig (Dazu meine Freundin: "Whimp!")

P.S.: Regisseur Cary Joji Fukunaga hat auch „True Detective“ gedreht 

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