Das ist also der Film, der der Anfang vom Ende des Kinos als solches sein soll: der erste Film, der gleichzeitig auf Netflix und in amerikanischen Kinos veröffentlicht wurde – für
mich ein ganz logischer Schritt: sollen die Kunden doch selbst entscheiden, ob
sie den Film auf der großen Leinwand oder mit Puschen und Füßen hoch genießen
wollen, oder?
Wenn man es recht bedenkt, ist das bisherige Schema von „erst
Kino, dann Kauf-DVD, dann leihen und ganz am Schluss im Stream“ schon eine ganz
schön arrogante Bevormundung.
"Diese kleinen Kinder sind eine Waffe, eine tödliche Waffe. Gib ihnen nur ein Gewehr" |
Zurück zum Film: In einem nicht näher genannten
afrikanischen Staat wird der junge Ago von einer Miliz gefangen
genommen. Mit Drohungen, Einschüchterungen und durch den Zwang zu Gräueltaten
entfremdet sein „Kommandant“ ihn und seine Mitkämpfer von der zivilen Welt.
Positive Aspekte des Soldatenlebens sind a) Drogen (Mischungen aus Schießpulver
und Kokain, das man sich in die Nase zieht, b) Amulette, die Unverwundbarkeit
bringen sollen (funktionieren offensichtlich nicht für alle), c) dass es den
anderen auch nicht besser geht. Auf der anderen Seite: ständige Lebensgefahr,
Hunger, sexueller Missbrauch durch den Anführer und weder Vater noch Mutter,
die das verängstigte Kind trösten können.
Der Film folgt (und das hat besonders meiner Liebsten gefallen)
der gängigen Hollywood-Dramaturgie überhaupt nicht – das Ende kommt nicht als
letzter Seufzer in den Armen der Mutter, sondern als Zerfall der Miliz: der Commandante
muss seinen Aufstand gegen den Big Boss mit Goldschürfen zu finanzieren, findet
aber nix. Die Jungs haben nicht zu beißen und hauen ab. Und Schluss.
Wie war’s?
Schon sehr gut. Auch gruselig und beunruhigend: Der
Commandante ist wirklich ein charismatischer Typ, der sich sogar
väterlich um seine Jungs kümmert, damit sie dann auch brav für ihn ins
Maschinengewehrfeuer laufen. Irgendwie irre, nicht?
Bemerkenswert (und ganz un-hollywoodesk) ist, dass der Film
keine herausragende Frauenfigur hat. Im Ganzen kommen eigentlich nur drei
Frauen überhaupt vor: Agos Mutter, im Puff das kleine Mädchen (in Agos Alter) und
die Lehrerin in der Schlussszene. Erinnert in seiner konsequenten Beschränkung
auf männliche Charaktere irgendwie an „Der Herr der Ringe“ (Buch, nicht Film)
Wer sich auf den Commandante verlässt, ist verlassen. Wenigstens ist er kein Psychopath. Er macht das, was er am besten kann, um reich zu werden: Kämpfen (und andere für sich kämpfen lassen) |
Einen Teil der Faszination schöpft „Beast of no Nation“ aus
dem schnellen Wechsel von gedehnten, dokumentarischen Szenen, die von Tempo und
Gestus einem Kika-Film entstammen könnten, auf ultrabrutaler, lakonischer
Härte. Mir scheint der Film nicht nur wegen der Vermarktungsstrategie etwas
neues, sondern auch als Film selbst. Das letzte Mal hatte ich dieses Gefühl bei
„Zero Dark Thirty“, dem Meisterwerk von Kathryn Bigelow. „Beasts“ ist kein Meisterwerk,
aber es ist revolutionär.
Friendlys Schulnote: Eine ZWEI-PLUS. Ich empfehle den Film nicht unter 16 Jahren. Immerhin müssen zwei 12-jährige einem hilflosen Gefangenen mit Macheten in den Kopf hacken. Also ich finde so etwas gruselig (Dazu meine Freundin: "Whimp!")
P.S.: Regisseur Cary Joji Fukunaga hat auch „True Detective“
gedreht
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