„Für einen guten Film braucht man nur ein Mädchen und eine
Knarre“ hat Godard gesagt. „Domino“ ist der Film zum Statement. Tony
Scott (Unstoppable, Die Entführung der Pelham 123, Deja Vu) setzt eine höchst
provinzielle Story mit halbdebilen Kleinkriminellen als großen Masterplan in Szene:
spannend, abwechslungsreich und voller Tempo. Daumen hoch!
Worum geht’s?
Schauspielertochter verliert früh den Vater. Nach Arbeit als
Model (auch nicht grade ein Zuckerschlecken in den 90ern) nutzt sie ihren
Indie- und Outlaw-Charme und heuert bei Kautionsagenten Claremont als
Kopfgeldjägerin an. Zusammen mit dem väterlichen Freund Ed (ein alter, schwerer
Junge) und Psyche Choco jagen sie Kleinkriminelle, manche davon sogar
gefährlich.
Das ist ein Bild der wahren Domino. Leider schon tot. Live fast, die young. |
Es ist aber eher ungeschickt, das Hauptquartier der
Drogengang zu dritt zu stürmen, selbst wenn die drei schwer bewaffnet sind.
Schnell zeigen fünfzehn Maschinenpistolen in die verschiedensten Richtungen – wenn
jetzt jemand niest, gibt es ein Blutbad. Domino deutet das drohende Massaker zu
einem sexuellen Intermezzo um (keine Details…) und alle bleiben am Leben.
Es ist eine feine Linie, die „erlaubt“ und „verboten“ trennt.
Clairemont setzt beherzt darüber, als er 300.000 Dollar für die Behandlung der
Tochter seiner Freundin (auch so eine Kleinkriminelle: Bestechlich in der
KFZ-Zulassungsstelle) vorfinananzieren muss – eine Summe, die er als Geschäftsführer
seiner kombinierten Kautionsverleih-, Geldtransport- und Security-Klitsche
nicht aufbringen kann. Er will einen Transport von 10 Millionen rauben lassen,
seine Kopfgeldjäger werden das Geld wiederbeschaffen und er bekommt eine
Belohnung – die 300.000 sollte das locker decken, plus Spesen.
Ein gutaussehender Teufel, aber so verrückt wie ein Hutmacher. Obwohl: auf die Idee, den Arm des Fahrers mit der Schrotflinte abzutrennen ist nicht er, sondern Domino gekommen. |
Ab hier wird alles etwas komplex. Das Geld ist ein
Mafiatransport, unter den vier mutmaßlichen Räubern ist ausgerechnet der Sohn
des Bosses, für den das Geld gewaschen werden soll. Der
Geldwäscher-Kasinobesitzer ist unglücklich und setzt die Räuber fest,
vielleicht werden sie erschossen? Geraubt haben aber nicht die Verdächtigen,
sondern die Frau vom KFZ-Amt und ihre Mädels – ihr seht, das ist schwierig zu
erzählen, aber kurzweilig zuzusehen. Am Ende landet das große Geld in
Afghanistan, die 300.000 im Krankenhaus und Domino überlebt.
Wie war’s?
Ich fand’s gut, stellenweise sogar sehr gut. Die erste
Hälfte des Films habe ich in einem Reisebus gesehen und es hat mich ziemlich
viel Zeit und Mühe gekostet, herauszufinden, welcher Film das überhaupt war,
der mir da einfach nicht mehr aus dem Kopf ging. Der Film ist wild,
gewalttätig, schnell und er zeigt vor allem eines: eine einzige falsche
Entscheidung kann dein Leben komplett ändern – meistens nicht zum Besseren.
Jetzt geht's los! Das Gefühl vor einem bewaffneten Überfall lässt sich mit nichts anderem vergleichen |
Die Charaktere sind inmitten all dem Blut und der
herausgerissenen Arme glaubwürdig und haben eine einsehbare Motivation, sich so
zu verhalten, wie sie es tun. Mit diesem Film haben sich Regisseur und
Produzent definitiv Mühe gegeben – und ich glaube, sogar die leichte B-Movie-Anmutung
ist Absicht. Das ist dem Geschehen einfach angemessen. Noch ein Wort zum Thema
Masterplan und Provinzgeschehen: meine Lieblingsszene ist die, als Domino zur
Kopfgeldjägerin des Jahres im Bezirk West-Hollywood gewählt wird.
Friendlys Schulnote: eine Zwei-Plus / Eins-Minus, wenn man
sowas mag. Frei ab 16 (und das ist halbwegs realistisch)
P.S.: Domino Harvey (das Vorbild der Filmheldin) wurde am 27.
Juni 2005 in Hollywood in einer Badewanne mit einer Überdosis eines
Schmerzmittels gefunden und verstarb kurz darauf im Krankenhaus.
Regisseur Tony Scott brachte sich am 19. August 2012 um,
indem er von einer Brücke in das Hafenbecken von Los Angeles sprang.
Rätselfrage: In diesem Film spielen die Taufpatin von
Angelina Jolie mit. Wer ist das?
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