Montag, 23. Juni 2014

Brokeback mountain

Schwulenfilme sind sonst nicht so mein Ding - ich bin geschädigt von "Philadelphia", einem ziemlich langweiligen Homofilm-Machwerk, obendrein mit Tom Hanks in der Hauptrolle - nicht grade mein Lieblingsschauspieler. Warum war der Film so schlecht? Diese frühe Generation der filmischen Aufarbeitung homosexueller Emanzipation ist so plakativ und schwerblütig wie die 80er und frühen 90er Jahre, in denen sie entstanden sind. Zusätzliches Problem: es geht meistens um Gefühle, schlimmer noch: um Männer-Gefühle, und wenn Amerikaner in etwas wirklich schlecht sind, dann im Empfinden. 

Die beiden sind wirklich-wirklich süß, wenn sie nicht grade wie Cowboys gucken:
Heath Ledger und Jake Gyllenhaar
Langer Rede kurzer Sinn: ich war wirklich nicht grade positiv voreingenommen, als ich mir zusammen mit meiner Freundin "Brokeback Mountain" angesehen habe. Aber: surprise surprise: Der Film war super! Gegen jede Wahrscheinlichkeit waren die Charaktere glaubhaft in ihrem Handeln und wenig mitleidheischend, es wurde weder stumm-verwundet in der gegen herumgestiert noch wurden Schwulenklischees bedient. Mir hat's gefallen!

Worum geht's?


Ennis und Jack heuern 1963 beim gleichen Schaf-Farmer an und bewachen einen Sommer lang dessen Herde in einem eigentlich nicht für Bewirtschaftung vorgesehenen Naturpark. Die Aufgabe ist langweilig und nach den ersten Wochen lässt auch die Faszination des Freiluftlebens nach, zumal immer einer der beiden Jungs auf dem offiziellen Campingplatz, der andere im Nationalpark bei der Herde schlafen muss. Als die beiden den Frust mit einer Flasche Hochprozentigen ertränken, bleibt Ennis ausnahmsweise bei Jack auf dem Platz und später im Zelt - sie tun's. Wie Cowboys so sind, versichern sie sich beide am nächsten Morgen, auf keinem Fall schwul zu sein, haben aber weiter ihren Spaß miteinander. 

Irgendwann kommt der Schnee, die Herde muss von der Alm und der unvermeidbare Abschied kommt. Da Ennis aus Montana und Jack aus Texas kommt, ist ein zufälliges Wiedersehen eher unwahrscheinlich. 

Jack will die Sache forcieren und bemüht sich im Folgejahr wieder um Arbeit am Brokeback Mountain, findet aber weder Ennis noch Arbeit: der Rancher hatte Jack und Ennis mit dem Fernglas beobachtet und war weder begeistert von ihrem Liebesleben, noch bereit, ihn wiederum anzustellen.

Alma liebt Ennis, aber Ennis liebt auch Männer. So haben wir nicht gewettet. 

Jetzt schaltet der Film auf ein beschleunigtes Tempo: Ennis heiratet seine Verlobte Alma, sie bekommen Kinder während Jack sich mehr oder minder erfolglos als Rodeoreiter versucht. Vier Jahre später besucht Jack Ennis in Montana - erster einer Reihe von halbjährlichen Besuchen, zu denen Jack und Ennis vorgeblich Angelausflüge unternehmen, tatsächlich aber ihre homoerotische Beziehung pflegen. Alma versteht schnell, dass die Beziehung ihres Mannes zu seinem Freund Jack nicht die übliche Männerfreundschaft ist, wagt aber auch nicht recht, das Offensichtliche mit ihm zu besprechen. 

Jacks Leben nimmt äußerlich eine Wende zum Guten, als er die reiche Tochter Cassie eines Landmaschinenfabrikanten heiratet - gut, der Schwiegervater ist ein dominantes  Ekel sondergleichen, aber wenigstens weiß Jack jetzt, was es morgen zu essen gibt.

Während Jack ernsthaft überlegt, ob es eine Möglichkeit für ihn und Ennis gibt, doch als Paar zusammen zu leben, lehnt Ennis diese Option rundheraus ab - als Kind hat er von seinem Vater die Leiche eines Ranchers, der wegen seiner Homosexualität von den Nachbarn ermordet worden ist, vorgeführt bekommen, was ihm dauerhaft den Mut genommen hat, seine Veranlagung auch nur vermuten zu lassen.

1975 lässt sich Alma von Ennis scheiden - nicht zuletzt wegen dessen vermuteter Homosexualität. Jack sieht seine Stunde gekommen, aber Ennis lehnt es weiter ab, mit Jack zusammen zu ziehen. Ennis hat eine Freundin, trennt sich von ihr, sieht Jack nur noch unregelmäßig, leidet aber darunter. Einige Jahre später bekommt er eine Postkarte an Jack zurück: der Adressat sei verstorben. Jacks Frau berichtet ihm, ihr Mann sei bei einem technischen Defekt einer Reifenpanne gestorben - eine so unglaubwürdige Geschichte, dass Ennis weiß, dass Jack - wie er es immer befürchtet hatte - von Schwulenhassern erschlagen worden ist. (Wenn ihr mich fragt: der Schwiegervater hat seine Finger drin)

Die Dame mit dem auffälligen Hut steht auf sportliche Typen wie Jack. Ihr Vater hält wenig davon.
Der große tragische Held im Film ist Ennis. Wie Herr K. steht er vor einer Tür, die nur für ihn geschaffen worden war und traut sich nicht, hindurchzugehen, weil es ihm verboten wurde. Anders als bei Kafka erweist sich der Weg zum Glück hier allerdings wirklich als risikoreich. Hätte er mit Jack zusammen glücklich werden können? Oder waren Treffen im Zelt alle sechs Monate das beste, was er hoffen konnte? Der Film endet damit, dass der in bedrängten finanziellen Verhältnissen lebende Ennis seiner erwachsenen Tochter verspricht, zu ihrer Hochzeit zu kommen, auch wenn das ihn seinen Job kosten werde. Ist das "den Mut haben", wie Jack es ein halbes Leben von Ennis gefordert hatte?

Wie war's?


Es war bemerkenswert. Der Film hat Tiefgang.Die beiden schweigsamen Helden sind glaubwürdig in ihrer Darstellung des zwischen "So muss man Leben" und "Könnte ich nicht auch ganz anders?" hin- und hergerissenen Rollenverständnisses. Eigentlich bis zum Stetson-Rand unemanzipiert, kommt ihnen die eigene Persönlichkeit mit Macht in die Quere. Aus diesem Film kann man (und das sage ich nicht leichtfertig über einen amerikanischen Film) etwas für das eigene Leben lernen, und wenn es nur das ist, seine Chancen nicht zu vertrödeln. Nicht zu vergessen: der Film ist auch von einer betörenden Schönheit: Wyomings wilde Landschaften, atmosphärisch dichte Aufnahmen aus der Rodeoszene, Heath Ledgers Lächeln...

Friendlys Schulnote: EINS-EINS-EINS!

Rätselfrage: Von wem wird die Frau gespielt, die in einem amerikanischen Film Frühstückseier in allen möglichen Zubereitungen isst: Spiegeleier, Over-Easy, Benedict, Scrambled...

Antwort der letzten Frage: Das war "Die Eisprinzessin", in der die begabte Neu-Eisläuferin von der Mutter der Konkurrentin neue Eislaufschuhe geschenkt bekommt, mit denen sie erwartungsgemäß ihre Show versemmelt. Nicht wirklich ein großartiger Film übrigens...




1 Kommentar:

  1. Beim näheren Überlegen habe ich festgestellt, dass es der Film Philadelphia ist, der so schlicht und schlecht daher kommt, nicht der Schauspieler Tom Hanks. Ich mag Forrest Gump, Apollo 13, annehmbar waren My Big Fat Greek Wedding, Captain Philips, Polarexpress.... Irritierenderweise fand ich Tom Hanks in keinem der Filme wirklich gut, aber die Filme waren in Ordnung, was immer das zu bedeuten haben mag.....

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