Donnerstag, 2. Oktober 2014

Der Angriff der leichten Brigarde

Definitiv ein Film für Liebhaber mit historischem Interesse: zum einen, weil der Film aus dem Jahr 1969 eine ganz andere Bildsprache hat als heutige Filme (dazu später mehr) zum anderen, weil er eine historische Begebenheit mit einem gewissen Grad von Wirklichkeitstreue schildert. Ob er uns heute noch etwas sagen kann, ist allerdings fraglich.
Nolan macht Dampf: "Da sind ihre Kanonen! Greifen sie an!"

Worum geht's?

Der Film besteht aus zwei unabhängigen Teilen: Im ersten Teil wird die Ausbildung und Praxis bei der britischen Kavallerie in 1850er Jahren geschildert, im zweiten wird mit einer gewissen historischen Detailtreue die Schlacht bei Balaklava in der Türkei geschildert.

Das ganze beginnt damit, dass der junge Offizier Luis Nolan bei einem von Earl Cardigan geführten Husarenregiment anheuert. Es ergeben sich schnell Konflikte zwischen dem jüngeren, aber Indien-Front-Erfahrenen Nolan und seinem Chef Cardigan, der sich noch nicht im Kampf bewähren musste. Cardigan schikaniert Nolan und stellt ihn schließlich in der Dienstzeit unter Arrest.

Nach Ausbruch des Krimkrieges (kurz gesagt: Russland wollte sich einen Teil des zerfallenden Osmanischen Reiches - Türkei - mit Zugang zum Mittelmeer sichern, Frankreich und Großbritannien kämpften mit den Türken, Preußen und Österreich hielten sich raus) wurden Cardigans Reiter der 'leichten Brigade' in die Türkei verlegt - zusammen mit einem Tross aus Ehefrauen, Offiziersburschen und Wäscherinnen.  
Öffne du mein Korsett, dann öffne ich dein Korsett: Liebe zu den Zeiten Victorias war eine knifflige Angelegenheit

Dort trafen sie auf nach einigen kleineren Zwischenfällen auf einen stärkere russische Artilleriestellung mit entsprechenden Infanterieeinheiten. Die Russen eroberten einen Teil der im Tross mitgeführten Schiffsgeschütze und begannen, sich mit den Kanonen zurückzuziehen.

Lord Raglan, der Leiter des Feldzuges, gab Befehl an die entfernt wartenden Einheiten der schweren Kavallerie unter Cardigans Schwager Lord Lucan, zusammen mit der leichten Kavallerie und eventuell mit Infanterieunterstützung die Kanonen zurückzuerobern. Lucan und Cardigan hegten tiefempfundene Feindschaft, Cardigan nahm Raglan seine Unterstellung unter den verhassten Schwager übel.

Da Lucan von seiner Position weder englische Infanterie noch die entführten englischen Kanonen sehen konnte, ignorierte er zunächst den Befehl. Raglan schickte schließlich Nolan mit einem geschriebenen Befehl aus, der Lucan aufforderte, unmittelbar die Kanonen anzugreifen.
Gleich wird der Feldherr zu seinem Entsetzen sehen, dass seine Kavallerie am Ziel vorbeireitet. Man hat's nicht leicht, aber leicht hat's einen.


Für Lucan war es unmöglich, den Befehl weiter vor seinem Schwager zu ignorieren, ohne als Zauderer missverstanden zu werden. Er befahl Cardigan, die für ihn sichtbaren befestigten russischen Artilleriestellungen im vor ihm liegenden (falschen) Teil des Tals frontal anzugreifen - ein verhängnisvoller militärischer Fehler, der mit der vorhersagbaren vollständigen Vernichtung der britischen Kavallerie enden sollte.

Während des Sturmangriffes im Grund des vor russische Stellungen von drei Seiten beschossenen Tals bemerkt Nolan, dass Lucan den Befehl missverstanden hat und Cardigan nun anstatt die englischen Kanonen wieder zu erobern, die russischen Artilleriestellungen angreifen will. Er versucht, zu Cardigan aufzuschließen, wird aber von einer russischen Kugel tödlich verwundet.

Die leichte Kavallerie greift unter großen Verlusten und unter schwerem Feuer an und erreicht mit der Hälfte der Männer die russischen Stellungen, muss sich aber sofort zurückziehen. Bei der Aktion verlieren von den 670 angreifenden Briten 278 ihr Leben, werden gefangen oder kampfunfähig verwundet. 335 Pferde sterben.

Als unmittelbare Reaktion auf den desaströsen Ausgang des Angriffs beginnen sich Lord Raglan, Lord Lucan, Lord Cardigan (der die Schlacht unverletzt überlebt hat) und Brigadier Richard Airey (der den Befehl niedergeschrieben hat) die Verantwortung für die fehlerhafte Interpretation des Befehls zuzuschieben. Aus, Abspann.

Wie war's?

Naaaaajaaaa. Geht so. Vor alle der erste Teil hat Längen. Die Liebesgeschichte zwischen Nolan und der Frau seines besten Freundes wird arg elegisch geschildert: Da paddeln die drei minutenlang einen Kahn schweigend durch träges mittelenglische Flüsschen - meine Sohn dazu "Die langweilen sich. Ich langweile mich auch". Da werden Bälle und Tänze abgebildet, und rothaarige Hohlköpfchen erzählen länglich irgendeinen Unsinn. Die Darstellung der Husarenausbildung ist auch nicht wirklich schockierend - im Leistungssport blutet man mehr als die Rekruten bei der Aufsattelübung. Das ganze ist lahm, einziger Lichtblick die absurde Interpretation der englischen "Offiziersehre", die in ihrer ganzen Abwegigkeit zutage tritt, wenn der kujonierte Nolan sich bemühen muss, überhaupt ein Verfahren gegen ihn wegen seiner angeblichen Vergehen eröffnet zu bekommen.

Im zweiten Teil des Filmes wird es jetzt doch noch spannend und die himmelschreiende Inkompetenz und Unprofessionalität der Offiziere unter den besonderen Umständen der tiefen persönlichen Feindschaft zwischen Nolan, Cardigan und Lucan wird Thema. Man kann das ganze Drama aber nicht wirklich einen Antikriegsfilm nennen - die suggerierte Lösung aus dem Mund von Offizier Nolan ist nicht "vermeidet den Krieg" sondern "führt den Krieg effektiver und professioneller" - ein Forderung, die im ersten Weltkrieg mit den bekannten Folgen von 17 Millionen Toten und 20 Millionen Verwundeten dann ja auch verwirklicht wurde.

Friendlys Schulnote: DREI-MINUS. Zu alt und zu langsam. Keine Vier, weil es eine realistische Darstellung der historischen Fakten (soweit sie bekannt sind) ist.

Rätselfrage: Wie wird die folgende Reihe fortgesetzt: 6, 15, 35, 77, 143 ?

Antwort der letzten Frage: Das war Sultan Saladin in "Königreich der Himmel"

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