Bei diesem Film hatte ich eine sehr seltsame Erscheinung: So
wie manche Dörfer nur alle hundert Jahre und nur für eine Nacht in der Welt
erscheinen, so fand ich eine Original-Version von „Sin Nombre“ mit deutschen
Untertiteln auf Amazon? Netflix? Ja wo denn?
Einen Tag später, als ich den Film
mit meiner Liebsten noch einmal (und dann auch bis zum Ende) sehen wollte, war
die OV weg! Es gab nur mehr synchronisierte Fassungen! Also behandelt diese
Kritik die Originalversion (erste Hälfte) und deutsch synchronisierte Fassung
(zweite Hälfte), sorry dafür…
Worum geht’s?
Flüchtlingsdrama. Papa kommt aus den USA zurück nach Honduras
(Illegaler, ausgewiesen) und will wieder zurück. Seine Tochter Sayra (nicht gesehen, seit
sie ein Kleinkind war) ist groß genug zum Arbeiten, also soll sie mit.
Meanwhile, am anderen Ende der Stadt: Kleinkriminelles Gangmitglied Casper hat
Ärger mit a) dem jugendlichen Boss, weil er nicht war, wo er sein sollte und b)
seiner Freundin aus besserer Familie, die ihn bei jeden Gangtreffen in den
Armen irgendeiner lebenslustigen Gangsterin wähnt.
In diesem Milleu genügt es, die falsche Abkürzung zu nehmen, wenn man zur anderen Gang gehört |
Beides hat die gleiche Ursache - Casper hält Freundin und
Gang fein säuberlich getrennt weil: die Jungs sind echt gefährlich, was sich
erweist, als der Boss die Freundin zu vergewaltigen versucht, um Casper für
einen verschwiegenen Beischlaf in der Arbeitszeit zu bestrafen.
Die Sache geht noch schiefer als geplant. Noch vor dem
Vollzug schlägt sich das Mädchen an einem Grabstein den Schädel ein und stirbt.
Sind das die Kollegen, denen Du Schutz und Fürsorge für deine minderjährige Freundin anvertrauen würdest? Besser nicht. |
Damit ist die Sache für den Chef erledigt. Casper soll sich
jetzt zusammenreißen und gemeinsam mit ihm und dem Neu-und-Kind-Gangster Smiley einen Zug ausrauben.
Die Handlungsstränge laufen zusammen:
Boss will Sayra (Papas Tochter) auf dem Zug vergewaltigen, Casper hat die Sache mit seiner
Freundin noch nicht verwunden und hackt im Affekt den Boss mit der Machete vom Dach.
Es beginnt eine ziemlich coole Verfolgungsjagd. Die Jungs
aus der Gang sind nicht nur hinter Casper her, sie verständigen auch die
befreundeten Banden längs der Strecke und schicken Klein-Smiley als
gewissenlosen Mikrogangster auf die blutige Spur.
Versuch einer Sippenhaft: Boss will Casper durch sexuellen-Missbrauch-per-proxy disziplinieren. Freundin wehrt sich aber. |
Unterwegs verlieren eigentlich alle ihr Leben, die USA
erreicht nur Sayra. Casper stirbt als letzter, nur wenige Schwimmzüge vom
rettenden Ufer des Rio Grande entfernt, was dann auch irgendwie tragisch ist.
Nicht jeder, der ein Kind hat, wird auch automatisch dadurch geläutert |
Wie war’s?
Lakonisch, grausam, böse. Und das mit einer Beiläufigkeit,
die für mich wie Wahrheit aussieht. Andererseits: wer weiß schon, wie es in den
Honduranischen Gangs zugeht? Auf jeden Fall ist die Story oberspannend, die
Charaktere handeln einigermaßen nachvollziehbar, und es wird nicht viel
rumgelabert.
Na wenigstens versucht er, seinem Baby die Ohren zuzuhalten, wenn Klein Smiley mit einer improvisierten Ein-Schuss-Knarre dem gefesselten Gefangenen den Kopf wegblasen muss. Ist wohl Fürsorge. |
Friendlys Schulnote: eigentlich eine Zwei-Plus, in der
Originalversion (wo ist sie denn jetzt?) sogar eine Eins-Minus. Ist aber harter
Tobak, meine Empfehlung: nicht unter 14 Jahren sehen.
P.S.: Regisseur Fukanaga hat auch den respektablen "Beasts with no Nation" und die unglaublich gute Serie "True Detective", Staffel 1 gedreht
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