Montag, 24. November 2014

Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1

Wie jetzt, „Tribute“ ohne Gladiatorenspiel, geht das denn? Ich finde, das geht gar nicht so schlecht – der Film macht Spaß und seine Charaktere sind weiterhin glaubwürdig und (was schwieriger ist) nahtlos anschließend an die ersten beiden Folgen. Allerdings… es passiert nicht wirklich viel. Wie bei dritten Teilen einer auf vier Teile gestreckten Trilogie (ich glaube mir wird schlecht…) üblich, wird hier eigentlich nur das Feld für Teil vier bereitet. Eine einzige, lange Exposition mit ein paar Seitenplots, damit der Kinobesucher sich nicht gar zu verschaukelt fühlt. Na, dann nehmen wir eben diesen Film als Trailer und hoffen auf das große Finale im nächsten Jahr.
Attraktiv trotz offenem Mund: Katniss ist das Aushängeschild der Rebellion. Das Kapitol hat nur Peeta, und der hat keine Brüste.


Worum geht’s?


Wir erinnern uns: am Ende von Teil zwei ist Katniss mit ein paar anderen Gladiatoren von der Distrikt 13-Rebellenarmee aus der Spielarena gerettet worden. Diese Rebellen sind eine Art gleichgeschalteter, in unglaublich unkleidsame Mao-Overalls gekleidete Höhlenbewohner, deren wesentlicher Daseinszweck der Kampf gegen das Kapitol zu sein scheint (jedenfalls sehe ich keinerlei Ackerbau oder Viehzucht, und die Industrie scheint sich auf die Produktion von Armbrüsten mit explosiven Pfeilen zu konzentrieren). Präsidentin Coin ist nicht grade das, was man eine charismatische Persönlichkeit nennt, aber sie hat ihren Haufen im Griff.
Der Marschall und seine Gefreite? Präsidentin Coin tut alles, um Katniss für die Sache der Rebellen zu vereinnahmen.
Coin sieht nun ihre Stunde gekommen: sie will mit Hilfe der Gallionsfigur Katniss aus den vereinzelten Unruhen in den Distrikten einen allgemeinen Aufstand gegen das Kapitol formen. Werkzeug dazu sind Propagandaspots mit Katniss als Jean d’Arc im Kampf gegen die Macht des Kapitols.

„Ich wollte keinen Aufstand. Ich wollte nur meine Schwester beschützen“

Das mit den Spots geht schief. Katniss‘ Leistung im Studio ist unterirdisch, während aus dem Kapitol überzeugende Pro-Präsident-Snow Sendungen (mit Katniss' Freund Peeta in der Hauptrolle verbreitet werden). Erst als Katniss in die Distrikte reist und dort mit den Verwundeten spricht, entsteht das innere Feuer, das die Aufnahmen glaubwürdig macht. (Als Kamerafrau Cressida mit extremem Scheitel überzeugt Natalie Dormer, die Margaery aus „Game of Thrones“).
Kamerafrau ist auch kein ganz ungefährlicher Job. Eine Nebenrolle, aber mit einer Besetzung zum Erinnern
Präsident Snow schubst die Rebellen ein wenig herum: er erklärt das Spotttölpel-Symbol für gesetzeswidrig (süß: die Tochter eines Ministers versucht unauffällig bei der Ansprache ihr Haargummi verschwinden zu lassen), er bombardiert ein Krankenhaus mit Verwundeten, er bombardiert in Distrikt 13 – es gelingt den Rebellen, rechtzeitig in Deckung zu gehen, weil Peeta sie in einem Live-Propagandainterview warnt. 

Die Rebellen ihrerseits koordinieren Aktivitäten in den aufständischen Gebieten. Es gelingt, die Stromversorgung des Kapitols durch die Sprengung eines Staudammes lahmzulegen und im Blackout drei Gladiatoren der zweiten Spiele aus dem Kapitol zu befreien – auch Peeta. Der aber will Katniss nach dem Aufwachen direkt an die Gurgel, weil die Folterknechte des Kapitols ihn darauf konditioniert haben, in Katniss eine persönliche Bedrohung zu sehen. 
Wieder Nebenrolle, aber mit Charakter: Effie Trinket leidet unterm Mao-Look. Zum Glück hat sie des Designers Cinna Mappe mitgebracht - dann machen wir eben Katniss schön.
Sehenswert hier wie Plutarch Heavensbee (der zu früh an Drogenmissbrauch verstorbene Philip Seymour Hoffman) grundoptimistisch Peetas ausweglose gesundheitliche Lage kommentiert: „Nun ja – eine Heilung wurde noch nie erfolgreich durchgeführt – das heißt nicht, das es unmöglich wäre. Und wir haben doch ein gutes Team!“

Wie war’s?


Für mich einer der unterhaltsamsten Vor-Filme seit langem. Zugegeben, es passiert nicht wirklich viel, aber das ist dann wieder schön erzählt. Mir gefällt, wie die Filmreihe die Kurve kriegt vom Thema des ersten Films (Unschuldige werden unterdrückt / blutige Spiele zur Belustigung der Massen / Castingshow) über Film zwei (Willkür der Macht, Aufbegehren gegen die ungerechte Herrschaft) zum dritten Teil: Propaganda als Werkzeug des Krieges. Das Ganze ist garniert mit etwas Romantik auf der einen und Baller-Action auf der anderen Seite – im Ganzen ausgewogen, aber nicht umwerfend.

Schlüssig: Katniss "Cunctator" Everdeen ist weiterhin als ewige Zögerin angelegt, die sich nicht für eine Seite vereinnahmen lassen will, aus Angst, damit den Ihren zu schaden - ebenso wie Peeta versucht, sich im Kapitol durchzulavieren, versucht sie das gleiche im Untergrund von Distrikt 13.
Katniss besucht das Lazarett, die Kriegsversehrten danken es ihr. Durchhalten, Blut-Schweiß-Tränen, Volksgemeinschaft - keine Seite kommt ohne die Versatzstücke nationaler und revolutionärer Propaganda aus.
Meine Freundin hat allerdings eine abweichende Meinung zur Qualität des Films: Wenn ich es richtig verstanden habe, findet sie Katniss‘ Getue um den nicht grade attraktiven Peeta zu jungmädchenhaft-twilight-mäßig und kreidet dem Film den mangelhaften Fortschritt des Plot stärker an als ich (können ja nicht immer derselben Meinung sein…).

Friendlys Schulnote: eine ZWEI

Rätselfrage: Katniss nennt ihre Schwester gelegentlich a) Huhn, b) Kondor, c) Ente oder d) Küken?

Antwort der letzten Frage: Der Satz stammt aus der „Feuerzangenbowle“. Nachdem die Schüler einen Schluck Holunderwein getrunken haben, verunsichern sie ihren Chemielehrer, indem sie Trunkenheit vorspielen.

2 Kommentare:

  1. Das was deine Freundin dazu meint sehe ich auch ähnlich, ist aber auch in den Buchvorlagen so und einer der deutlichsten Hinweise darauf, dass das ganze eben ein Jugendbuch und kein Erwachsenenbuch ist. An der Geschicht merkt man es meiner Meinung nach eben nicht. Aber Katness mit ihren beiden Männern, bei denen sie sich nicht entscheiden kann... Twilight, Jugendbuch. Joar eben!

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    1. Habe selbst Twilight gar nicht gesehen :-)
      Stimmt auf jeden Fall, dass es eine gewisse Diskrepanz zwischen dem doch verhältnismäßig harten Kriegs-, Kampf- und Mord-Szenen auf der einen und der ganzen Wo-gehöre-ich-hin-jetzt-da-ich-erwachsen-werde Thematik gibt. Ein kombinierter Jungs- und Mädchenfilm vielleicht? Komerziell funktioniert das, und ich kann mit dem bischen Schwulst gut leben. Aber es gibt bessere Jugendfilme. Gruß, Friendly

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