Montag, 7. Dezember 2015

Die Tribute von Panem 4 - Mockingjay Teil 2

Grrrr… Diese Filmkritik schreibe ich jetzt schon zum zweiten Mal. Habe es in meiner grenzenlosen Medien-Inkompetenz hinbekommen, das fertige Dokument zu löschen und zu überschreiben. Es war weg, wirklich unwiederbringbar weg! (Die letzte große Katastrophe dieser Art ist mir mit 14 Jahren passiert). Davon musste ich mich eine Weile erholen. Deshalb kommt diese Kritik auch so spät, und deshalb fasse ich mich diesmal auch kurz.

Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist. Katniss Everdeen hat gesiegt, aber der Film darf noch nicht enden. Elisabeth Banks als Effie Trinket ist wieder ein Genuss, hat aber nur wenige Auftritte - diesmal sollen Waffen sprechen.

„Tribute von Panem 4“ hat nicht die beste Ausgangslage. Wie meist, wenn aus einer Trilogie in ungebremstem Erwerbsstreben eine Vier-Filme-Reihe gemacht wird, leiden die letzten beiden Teile. Film drei war eine lange, lange Einleitung und Teil vier ist jetzt eine lange, lange Actionsequenz (siehe zum Thema „Aus drei mach vier“ auch „Die Schlacht der Fünf Heere“).

Allerdings: mir hat schon Teil drei der Katniss-Saga gar nicht so schlecht gefallen, und auch dieser letzte Teil hat mich trotz einiger sichtbarer Schwächen streckenweise gefesselt und im Ganzen immerhin gut unterhalten. Deshalb hier Friendlys dialektische Darstellung:

Wenn Hollywood die Kriegspropaganda gegen den IS machen würde, hätte Hollande nicht so viel Probleme, die deutschen Whimps an die Front zu bringen: Für uns Patrioten ist dieses Plakat doch ein innerer Vorbeimarsch, oder? (Im Bild: die kleine Schwester der Heldin, eigentliche Auslöserin der Revolution und jetzt auch tot, wahrscheinlich durch die Bomben der eigenen Seite)

Was war gut?

  • Katniss, unser aller Lieblingsheoin wandelt sich endlich (und erstaunlicherweise sogar nachvollziehbar) von der ich-wollte-doch-nur-meine-Schwester-retten jungen hübschen Naiven zur eigenständig planenden Person. (Na gut: die zu rettende Schwester ist ja grade in die Luft gebombt worden, wenn das nicht als Denkanstoß reicht, dann hat Tscherschenien nie stattgefunden)
  • Die Action ist überzeugend bebildert und so macho-brutal (schaut euch nur mal die dicken MG-Wummen an, die in der Mauer versteckt sind), dass man streckenweise wirklich etwas Respekt bekommt, obwohl ja eigentlich bekannt ist, wie die Geschichte ausgeht.
  • Der „Streit im Schacht“ mit den augenlosen Mutanten ist für mich das „Alien II“ der Gegenwart. Ich habe über Minuten hin bei jeder Biegung des Tunnels einen Angriff erwartet. Selten haben sich Filmmeter so gelohnt wie bei dieser kunstvollen Retardierung! (Meine Liebste hat allerdings eine abweichende Meinung: Sie findet die Giger-artigen Monster uninspiriert – könnten sich die Regisseure nicht mal etwas Neues ausdenken?)

Nein, dies ist nicht "Black Hawk Down". Katniss wird von der Galeonsfigur zur Akteurin und zieht mit einer ziemlich großen Beschützergruppe durch die verminten Straßen der Hauptstadt.


Was war schwach?


  • Diese Liiiiiebesgeschichte! Und ganz am Ende entscheidet sich Katniss auch noch für den Falschen! Obendrein ist es über-haupt-nicht von der Evidenz gedeckt, dass sich die attraktive und tatkräftige Heldin am Ende für den sanftmütigen Pantoffel entscheidet und nicht für den gutaussehenden Teufel…
  • Das Attentat auf Präsidentin Coin war so vorherzusehen wie ein Lehrfilm der Berufsgenossenschaft. Als Katniss den Bogen nahm und auf Präsident White zielte, die Augen aber schon zum eigentlichen Ziel ihres Pfeiles hob, da fühlte ich mich als Zuschauer nicht mehr ernstgenommen. Muss man in einem Jugendfilm alles vorher erklären, bevor es stattfindet?
  • Generell verliert der Film zum Ende (also nach der Action) etwas an Schwung und bleibt am Schluss sogar komplett stehen - ich habe mindestens dreimal gedacht „Jetzt kommt aber der Abspann!“ und wurde dann mit einer noch langweiligeren, weiteren Szene belästigt.
  • Der Höhepunkt war die letzte Einstellung mit Katniss und Peeta, Kind und diesem unfassbar fetten Säugling auf dem Arm im herbstlichen Kornfeld. Das wäre selbst beim „Traumschiff“ dem Cutter zum Opfer gefallen. (Wer mir trotzdem erzählen kann, was die Szene bedeutet, wird im nächsten Beitrag lobend erwähnt!)

Auch im Kampfeinsatz mit makellosem Teint: Das unterscheidet Märchen von der Wirklichkeit


Friendlys Schulnote: eine Zwei. Kann man gucken, lohnt sich auch streckenweise, fehlt aber nicht auf dem Weg zum umfassend gebildeten Filmkenner.


P.S.: Mein ältester Sohn war unbegeistert von der Idee, die Hauptstadt durch Fallen zu verteidigen (statt durch Truppen). Ich stimme zu, allerdings hat das Konzept ein bedeutendes literarisches Vorbild in einem der drei „Meister Li“-Romane, in der der Herzog von Chan seine Schätze in einer unterirdischen Burg inmitten von Monstren und tödlichen Apperaten versteckt, wo sie der besagte greise Held Meister Li und sein Begleiter Nummer Zehn der Ochse finden müssen. Und außerdem ist es Fun!

1 Kommentar:

  1. Mir hat das große Finale überraschenderweise gar nicht so gut gefallen wie noch PART 1. Das liegt hauptsächlich daran, dass man alle Fallen im Kapitol bereits aus dem Trailer kennt und weil das Ende furchtbar kitschig, viel zu lang und - manche sagen auch - anti-feministisch ist. Ich hatte mehr erwartet.

    Hier meine Review zum Film: https://filmkompass.wordpress.com/2015/11/19/the-hunger-games-mockingjay-part-2-2015/

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