Mittwoch, 25. Februar 2015

Whiplash

In diesem Film geht es um den Unterschied zwischen "gut" und "herausragend", vorgeführt am Beispiel Musik. Jazz ist nun nichts für jeden, aber herausragende Musik kann man sich auch dann anhören, wenn man die Richtung eigentlich nicht so mag. Leider kommt das Drehbuch der Musik in diesem Fall nicht ganz so hinterher.
Ganz der große Meister: Das passt eigentlich nicht so gut zu Tätlichkeiten, Stühlewerfen, Anschreien und Mobbing

Worum geht’s?


Die Story ist einfach: begabter Schlagzeuger will groß herauskommen und gerät am Konservatorium an Lehrer Fletcher, der auch das Beste aus ihm herausholen will, aber mit Gewalt. Andrew wird im schnellen Wechsel mit Belohnungen gebauchpinselt und durch sinnlosen Entmutigungen gedemütigt. Er übt, bis die Finger bluten. Schließlich serviert er sogar seine Freundin ab, um mehr Zeit für die Musik zu haben. Es kommt zum Eklat, als Andrew nach einem Verkehrsunfall blutend und mit letzter Kraft auf der Bühne erscheint und folgerichtig den Gig vermasselt: Er stürzt er sich auf Fletcher und schlägt ihn vor dem Publikum zu Boden.

Der Schüler fliegt, der Lehrer fliegt auch – letzteres, weil Andrew vor Gericht die Beschwerde eines anderen Mobbing-Opfersunterstützt (was Fletcher nicht erfährt, sich aber zusammenreimen kann).

“I wasn't there to conduct. Any fuckin' moron can wave his arms and keep people in tempo. I was there to push people beyond what's expected of them

Zweiter Akt: Als Andrew (mittlerweile im Einzelhandel tätig, aber immer noch Drummer) nach einem halben Jahr seinen Ex-Lehrer Fletcher (mittlerweile Bar-Musiker) wiedertrifft, setzt Fletcher einen teuflischen Racheplan auf Gleis. Er lädt Andrew als Ersatzmann seines ausgefallenen Drummers zu einem Jazz- Festival ein, bei dem auch eine Anzahl Talentscouts anwesend sein werden. Allerdings… hat er Andrew das falsche Lied genannt. Anstatt mit „Whiplash“ beginnt das Konzert mit „Upswingin'“ – Andrew hat es nicht geübt und hat auch keine Noten. Er versucht's, improvisiert, aber versagt, und zwar spektakulär. 
Erst muss man üben wie ein Irrer, damit danach alles leicht aussieht.
Vor erstauntem Publikum und enttäuschten Talentscouts packt er seine Sachen und verlässt die Bühne – überlegt es sich aber dann wieder anders, setzt sich an das Set und beginnt „Caravan“ zu improvisieren. Nach anfänglichem Zögern setzt die Band ein und Fletcher dirigiert die Band zu einem triumphalen Höhepunkt.


Wie war’s?


Geht so. Für mich leidet der Film schon mal daran, dass man seine sympathischen Figuren mit der Lupe suchen muss. Andrew? Ist ein rücksichtsloser Monomane, der dem Schlagzeugen alles opfert: die Liebe, die Freundschaft, den Familienfrieden bei seinen Eltern und seine Gesundheit. Fletcher? Ein rücksichtsloser Mobber, dessen Lust am Quälen sich dem Vergleich mit Dr. House getrost stellen kann – mit dem Unterschied, dass House Erwachsene in die Zange nimmt, während Fletcher harmlose Musikanten-Kindern die Flügel ausreißt.

Eindeutig spielt die Musik die dritte Hauptrolle (und die einzige, die man ertragen kann), was mir ein bisschen zu sehr Kammerspiel war, um den Film wirklich zu mögen. 

Dazu kommt, dass Fletchers coole Sprüche und sein grausames Mobbing etwas allzu Einstudiertes hatten, um realistisch zu wirken. Oder hat er das am Tag vorher vor dem Spiegel geübt? Vom Charakter her nicht undenkbar…
Wir sind weder beim Zahnarzt noch beim Militär. Fletchers autoritären Methoden haben noch nie zum Ziel geführt. Trotzdem will er so weitermachen. Wer nur einen Hammer hat, für den wird die Welt zum Nagel.

Noch ein Wort zu Andrew: Mich hat es extrem gestört, dass dieser Whimp sich nicht stärker gegen seinen Tyrannen zur Wehr setzt. Schon Fletschers Schülerbeschimpfungen gehen zu weit – jeder normale Mensch würde sich das verbitten. Spätestens als Fletcher (vorgeblich zur Verbesserung des Rhythmusgefühls) seinen Schüler ohrfeigt, wäre offener Protest (und in Folge Fletchers Entlassung) unvermeidlich.

Als Resümee: Wer Jazz liebt, sollte rein gehen (bin hier väterlich vorbelastet). Wer eine halbwegs glaubwürdige Geschichte will: besser nicht.

Friendlys Schulnote: eine DREI-PLUS (Übrigens: einen Oscar für die beste Nebenrolle 2015). Ohne die zugegeben coole Musik: eine DREI-MINUS

Rätselfrage: In welchem Film spricht wer die Worte „Miss Pocahontas hat vor einer halben Stunde ausgecheckt“ 

Kleiner Nachtrag auf Anregung von Lena vom Filmblog "To the lighthouse": 
Ich hatte die Gelegenheit, mich in New York im (Luxus-) Hudson Hotel mit Randy Jones (dem Drummer vom Dave Brubeck Quartet), den ich dort zufällig beim Pool-Billard getroffen hatte, über Musik zu unterhalten (das klingt jetzt extrem lässig, aber es war a) tatsächlich das EINZIGE Mal dass ich mich mit einem Jazzmusiker unterhalten habe – in meinem Leben - und b) das einzige mal das ich ein so luxuriöses Hotel auf eigene Kosten gebucht habe).

Wir unterhielten uns über den Anarchismus und über die Frage, was man aus seinem Leben machen solle und Randy erzählte mir von einem Erlebnis,: Eine Mutter sei mit ihrem Sohn zu ihm gekommen und habe ihn angefleht, ihm ein paar Flausen aus dem Kopf zu jagen. Der Sohn nämlich wolle Musiker werden, und er wisse nichts über die Mühe die man dabei hat, das endlose Üben und die harte Zeit als unbekannter Musiker. Er, Randy habe die beiden beiseite genommen und habe dem Sohn die ganze Wahrheit erzählt: Das Leben als Musiker sei für ihn ein einziger Traum. Er übe wann er wolle, aber nicht mehr als vier Stunden in der Woche. Er komme viel herum, arbeite mit großartigen Musikern zusammen und habe jede Menge Spaß und viel Geld. Und ja, die Mädchen kämen in Scharen.

DAS klingt nicht grade nach „Whiplash“….

Antwort auf die letzte Frage: Wer hat in welchem Film zu wem „Russische Huren verirren sich manchmal dahin, aber die haben Krankheiten und weinen viel“ gesagt? Ich weiß es nicht mehr! Es war ein Kriegsfilm, und zwei Soldaten haben sich über vergangene Einsätze unterhalten. Wer mir den Film nennen kann, wird lobend erwähnt!

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