Montag, 23. Februar 2015

Pans Labyrinth

Um diesen Film bin ich jahrelang herumgeschlichen. Soll ich ihn sehen, oder lass ich‘s besser sein? Einerseits habe ich noch niemand getroffen, der den Film nicht mindestens empfohlen hat (mit etlichen Ausreißern ins Begeisterte), einerseits hat er auf allen, wirklich allen Bewertungsportalen über 90% erreicht, was ihn in eine Reihe mit Filmen wie "Titanic", "Inception" und "Gandhi" stellt.....
Die kleine Ofelia liest mehr Bücher über Feen und Wunderwesen, als ihr gut tut, denkt ihre Mutter. Sie hat recht.

Andererseits: was für ein Film hat eine so wirre Story? Spielt `44 in Spanien, Kampf der Faschisten gegen die Guerilla – handelt von einem Mutter-Tochter-Stiefvater-Drama – ist ein Fantasy-Film mit kleinen fliegenden Elfen – verbreitet eine düstere und bedrohliche Atmosphäre. Mehr und sinnvolleres war aus keinem meiner Bekannten herauszukriegen, und je länger ich fragte, desto verworrener und unglaubwürdiger wurde die Auskunft.

Worum geht’s?


Verlorene Liebesmühe. Lässt sich nicht erzählen. Ich versuche es trotzdem in ganz kurzen Worten: Der spanische Bürgerkrieg ist vorbei, die Faschisten unter General Franco haben gewonnen. Der zweite Weltkrieg aber wird noch ausgefochten. Um antifaschistische Partisanen zu bekämpfen, hat sich der Hauptmann mit einer kleinen Einheit Soldaten und Polizisten in einer ländlichen Wassermühle einquartiert. Seine schwangere Frau Carmen und deren Tochter Ofelia aus erster Ehe lässt er zu sich kommen.
Ofelias erste Prüfung: in einen glitschige Höhle krabbeln und einer Kröte den Schlüssel aus dem Leib ziehen. Schön ist das nicht. Es ist verdammt unheimlich, dabei auch nur zuzusehen.
Der Hauptmann bekämpft die Partisanen mit großer Härte und begeht dabei eine Reihe von Kriegsverbrechen (willkürliche Hinrichtungen und das Foltern von Gefangenen). Zu seinem Haus gehören die Großmagd Mercedes und der Arzt, die beide im Geheimen die Partisanen unterstützen.

Jetzt wird es wirr: Während Carmen, von der Schwangerschaft und einer Erkrankung geschwächt liegen muss, trifft Ofelia in einem verfallenen, gemauerten Labyrinth ein Faun-Fabelwesen mit Hörnern und Ziegenfüßen. Der Faun erzählt ihr was vom Pferd: sie sei eine Königstochter aus dem Feenreich, ihr Vater warte auf sie und sie müsse drei Prüfungen bestehen, um zu beweisen, dass sie nicht vollends zum Menschen geworden sei, um zu ihrem wahren Vater (im Unterschied zum unnahbar strengen Hauptmann-Stiefvater) zurückzukehren.
Die gleichen Ampullen bei den Partisanen wie im Koffer des Doktors? Einer wird sterben, und das wird nicht der Hauptmann sein. 
Ab jetzt verflechten sich die Gräueltaten des Hauptmanns, die angespannte Lage in der Mühle und die (wirklich sehr, sehr harten) Prüfungen, die die kleine Ofelia absolviert, zu einem Strang von sich gegenseitig bedingenden Konsequenzen in der wirklichen und in der Feenwelt. Und es wird gen Ende wieder sehr, sehr hart. Ofelia stirbt, erschossen von ihrem Stiefvater. Und was einem wirklich die Tränen in die Augen treiben kann (also mir ganz sicher!) ist, dass das Kind im Sterben noch träumt, bei ihrem gütigen Vater-König und der wieder auferstandenen Königin-Mama im Feenreich zu sein.

Im Feenreich nichts essen und nichts trinken - das weiß doch jedes Kind. Der Kinderfresser tafelt neben einem Haufen Schuhe Größe 36. Für uns kein ganz unbekanntes Bild


Wie war’s?


„Irgendwann muss doch das glückliche Ende kommen“ habe ich mir so ab der Mitte des Filmes gedacht. Ich war vorgewarnt, aber mit so viel mitleidsvoller, aber unerbittlicher Erzähl-Konsequenz habe ich nicht im Ernst gerechnet. Regisseur Guillermo del Toro schreckt vor nichts zurück, auch nicht davor, die Geschichte böse ausgehen zu lassen – und wenn ich sage böse, dann meine ich böse. Böse mit Kindern.
Die Dynamiteros haben die Bahntrasse hochgehen lassen. Der Hauptmann möchte wissen, wer und wie und wo. Und er hat die Werkzeuge dazu.
Was das Technische angeht: seit dem "Herrn der Ringe" hat ein Fantasy-Film mit einem Budget von nur 19 Millionen ein Problem: Spezialeffekte sind teuer, und wer hier spart, sorgt leicht für unfreiwillige Komik, vor allem wenn ein paar Jahre vergangen sind. Pans Labyrinth hat sich aus dem Jahr 2006 gut in die heutige Zeit gerettet, sicher auch, weil die Spezialeffekte nicht die einzige Säule des Films ist.

In Hinsicht auf die Dramaturgie gehört der Film für mich zum Besten was es gibt. Ich weiß auch in der Rückschau nicht, wie die beiden Ebenen „Feenreich“ und „Faschistische Unterdrückung“ so kunstvoll verwoben worden sind, aber es funktioniert. Sogar die Last der überbordenden Symbole (jaja, die Blut- und Transitions-Symbolik ist selbst mir nicht entgangen) zwingt die Spannung im Film nicht zu Boden.
Es geht dem Ende zu. Vorwärtsschreite heißt auch etwas zu opfern. Hier verliert sie ihr Leben, die Arme
Besonders lobend für den Flm möchte ich erwähnen, dass der Faun, der Ofelia durch die drei Prüfungen lotst (oder sie dazu verführt) von meinem 16-jährigen Sohn mit „Der ist sooo gruselig“ kommentiert wurde, obwohl er sich doch eigentlich ganz freundlich gibt. Immerhin kommt dieses Urteil von jungen Mann, der eine Vorbildung aus „Resident Evil“, „“28 days later“ und „Zero Dark Thirty“ (nicht von mir – das letztere war seine Mutter) erlebt hat. Es ist auch Filmkunst, gruselig, aber nicht eklig zu sein.

Was an diesem Film unklar bleibt (aber das ist letztlich auch egal) ist die Frage, für welches Publikum der Film eigentlich konzipiert worden ist. Für Kinder, wegen der Abenteuergeschichte und der Feen? Njet – dafür ist alles viel zu gruselig. Für Erwachsene, wegen der Szenen faschistischer Verfolgung inklusive Folter? Kaum. Dann käme das Feenreich nicht rot-golden Alice-im Wunderland-Mäßig herüber. Ich halte es sogar für möglich, dass hier jemand komplett darauf vertraut hat, dass eine exzellente Story ihr Publikum sucht. Ein in Kauf genommener Geheimtipp – Reingehen! Runterladen! Kaufen! Weiterempfehlen!

Friendlys Schulnote: eine EINS. FSK-16, ich empfehle den Film ab 14 Jahren.

Rätselfrage: In welchem Film sagt wer „Russische Huren verirren sich manchmal dahin, aber die haben Krankheiten und weinen viel“

Antwort meines kleinen Preisausschreibens: Leider gab es keine vollständige und plausible Antwort aus meiner geschätzten Leserschaft. Hier ist meine Auflösung für das Rätsel: Grüne Tür: Bilbo Beutlin im „Herrn der Ringe“. Rote Tür: Das Haus in Pentos, in dem Danaeris Tagaryen ihre Kindheit verbracht hat. (Wird in der Serie zweimal erwähnt, aber natürlich nie gezeigt – wahrscheinlich gibt es das Haus auch schon nicht mehr, als sie darüber spricht). Alternative Lösung meines Sohnes ist: Die Haustür der Simpsons. Schwarze Tür: Das „Schwarze Tor“, an der Grenze zu Moria, das von den Trollen auf- und zu-gekurbelt wird (Herr der Ringe). Blaue Tür: Die Wohnungstür von William Thacker (Hugh Grant) im Film "Notting Hill". Gelbe Tür: Weis ich leider selbst keine. Als Bonus: Die Graue Tür (Treppenhausseite) ist die Tür zu Pennys Wohnung in „Big Bang Theory“

Antwort der letzten Rätselfrage: Der gesuchte Superheld ohne Superkräfte ist Frank D'Arbo aus dem Film "Super - shut up, crim". Seine Waffe ist die Rohrzange, seine Assistentin Blitzie wird von Ellen Page gespielt. (Zum Vergleich eignet sich "Kick-Ass" aus dem gleichen Jahr, mit ungefähr der gleichen Story)

P.S.: Der Film "Pans Labyrinth" ist der innere Reichsparteitag jedes interpretationswütigen Deutschlehrers (obwohl im Original spanisch). Symbolik, Querverbindungen und Rückwärtsverweise aller Orten: Die Augensymbolik! Das Menstruationsblut! Die Initiation! Mich interessiert das alles nicht, außer es trägt zur Atmosphäre bei (was es tut).

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